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Die aktuelle Fatwa: Februar 2017

26.02.2017

eShaykh.com: Rafidi attacks against respected Sahaba

Dieser sunnitische Fatwa-Online-Dienst befasst sich mit dem Verhältnis zur Schia und von Schiiten aufgestellten Behauptungen. Zwar vermuten Schiiten regelmäßig, dass sämtliche ihrer Imame von Sunniten (durch Gift) umgebracht worden seien, aber die Behauptung Muhammad selbst sei durch (sunnitische) Muslime der ersten Stunde ermordet worden, geht schon sehr weit. Der Fragesteller hat wohl mit einem extremen Schiiten gesprochen. Auch der Mufti bringt in seiner Antwort solche Aussagen zutreffend nicht in Verbindung mit der herrschenden schiitischen Lehre.
Der Mufti stellt allerdings zunächst fest, dass hinter solchen Anschuldigungen politische Gründe stecken. Dann schildert er beeindruckend die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten. Allerdings sprechen verwandtschaftliche Beziehungen nicht zwingend für reine Zuneigung. Sie können gerade auch Quell für Konflikte sein.
Weiter argumentiert der Mufti mit den Beziehungen des 6. Imams und Begründer des zwölferschiitischen Rechts zu den Namensgebern der sunnitischen Rechtsschulen. Beiläufig wird die Lehre der Mu'tazila, in der u. a. die Erschaffenheit des Korans vertreten wurde, gemeinschaftsstiftend abgelehnt. Die vom Fragesteller gebrauchte Bezeichnung Rafidi für Schiiten, die teilweise abwertend gebraucht wird, wiederholt der Mufti nicht (vgl. aber die schiitische Website Rafed.net).
Insgesamt richtet der sufische Mufti seine Argumentation sehr auf die Gemeinsamkeiten und am Ende auch auf die Werte Liebe und Barmherzigkeit aus. So löblich das ist, bleiben Zweifel an der historischen Herleitung bestehen.

Schlagworte: Schiiten, Sunniten, Gemeinsamkeit, Verwandtschaft, Recht, Liebe, Barmherzigkeit

19.02.2017

The Daily Star: HC asks legality of ‘fatwa’ by Laxmipur UP chairman

Leider gibt es in Bangladesch weiterhin Probleme mit Fatwas lokaler Dorfräte, was ich schon vor einigen Jahren besprochen hatte. Erfreulicherweise greift der Oberste Gerichtshof in solchen Fällen weiterhin sehr deutlich ein.
Auch in diesem Fall wurde gestützt auf eine von einem Ältestenrat erteilte Fatwa eine Strafe an einer Frau und einem Mann vollzogen. Vermutlich steht eine Anschuldigung wegen Unzucht im Raum. Das Verfahren ist allerdings in mehrerer Hinsicht fehlerhaft. Eine Fatwa ist ein Rechtsgutachten, d. h. sie ist nicht bindend. Wenn sie nicht bindend ist, ist sie auch nicht vollstreckbar. Beweise müssten auch nach dem islamischen Recht in einem Gerichtsverfahren erhoben werden. Mangels Gerichtsverfahren ist zu befürchten, dass diese auch in der Sache nicht genügend entsprechend dem islamischen Recht erbracht wurden.
Schließlich stellt sich die Frage der Kollision zwischen islamischem und staatlichem Recht. Vergangenen Eingriffen des Obersten Gerichtshofs konnte man entnehmen, dass es keineswegs deckungsgleich ist und dass er gewillt ist den Vorrang staatlichen Rechts durchzusetzen. Hier verfügte der Gerichtshof per Beschluss u. a., dass die Behörden erklären müssen, weshalb sie nicht gegen die Verantwortlichen eingegrifffen haben.

Schlagworte: Strafrecht, Fatwa, Bindungswirkung, Vollstreckung, islamisches Recht, staatliches Recht, Oberster Gerichtshof, Bangladesch

12.02.2017

Ask Imam: What are the main books for giving Fatwa according to the Hanafi Madhab?

Der Fragesteller möchte die wichtigsten Bücher für die Erteilung von Fatwas nach der hanafitischen Rechtsschule wissen. Diese Frage wird sehr ausführlich beantwortet und gibt zudem einen Einblick in den Prozess der Fatwaerteilung.
Der Mufti streift in seiner Antwort zunächst die Bedingungen, die erfüllt sein müssen um Mufti werden zu können. Hierzu zählen insbesondere vertiefte Kenntnisse des islamischen Rechts. Diese können nur durch ein Studium bei entsprechenden Experten erlangt werden und nicht durch Selbststudium. Üblicherweise erteilt der Gelehrte dem Schüler am Ende des Studiums ein Zertifikat (Idschaza) in dem ihm die Befähigung zur Erteilung von Fatwas zuerkannt wird.
Die Bücher für die Suche nach dem anwendbaren Recht werden in vier Kategorieen eingeteilt. Die fünf bedeutendsten Bücher sind Bücher eines Schülers von Abu Hanifa, in denen dieser die Lehrmeinung Abu Hanifas, die Meinung eines weiteren Schülers und seine eigene Meinung darlegt. Danach folgen immerhin 53 Bücher von hanafitischen Gelehrten denen Vorrang eingeräumt wird. Dieser Vorrang bedeutet, dass bei Widersprüchen in diesen Büchern zu Büchern der ersten Kategorie die Fatwa nach der Lehrmeinung der Gelehrten, denen Vorrang gebührt, zu erteilen ist. Danach folgen sechs zuverlässige Bücher unterschiedlicher Gelehrter, die die Bücher der ersten Kategorie zusammenfassen und erklären.
In der vierten Kategorie folgen noch einmal 59 Bücher späterer Gelehrter, die bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts reichen. Den indischen Wurzeln des erteilenden Muftis geschuldet ist, dass nun sogar noch eine Auflistung von Büchern indischer Rechtgelehrter folgt, die 14 Bücher umfasst und die bis zum Anfang des 21. Jahrhunderts reicht. Damit wird lokalen Auslegungen des islamischen Rechts der Weg geebnet. In der Tat erkennt das islamische Recht unter bestimmten Bedingungen lokale Bräuche ('Urf) an.
Schließlich folgt noch eine Liste von acht Büchern hanafitischer Gelehrter zur Hadithwissenschaft, also zu der Wissenschaft über die Berichte von Taten und Aussagen von Muhammad, die nach dem Koran die zweite Rechtsquelle des islamischen Rechts darstellen. Insgesamt handelt es sich also um 145 Bücher, die allein für die hanafitische Rechtsschule als wichtig angesehen werden. Diese Anzahl macht deutlich, dass es eines umfassenden Studiums bedarf um nur in einer Rechtsschule die Befähigung zur Fatwaerteilung zu erlangen. Schließlich sollte allerdings auch beachtet werden, dass diesen Rechtswerken regelmäßig keine Antworten auf neue Entwicklungen, zum Beispiel in der Technik, zu entnehmen sind. Zu ihrer sachgerechten Beantwortung wird regelmäßig die Befähigung zur freien Rechtsfindung (Idschtihad) erforderlich sein, also der höchste Grad, den ein Mufti erlangen kann.

Schlagworte: Fatwawesen, Mufti, islamisches Recht, Zertifikat, Brauch, freie Rechtsfindung, Hanafiten

05.02.2017

Islam - Q & A: He divorced her thrice during a period of purity in which he had had intercourse with her

In dieser Fatwa geht es wieder einmal um eine unbedacht ausgesprochene Scheidung. Wie so häufig hat der Mann die Scheidung auch hier gleich dreimal unmittelbar hintereinander ausgesprochen. Der Fragesteller schildert aber auch, dass er in dieser Periode vorher schon Geschlechtsverkehr mit seiner Frau gehabt habe.
Diese Schilderung wirft nicht erst die Frage auf wie die nach Perioden berechnete Wartezeit (Idda) zu berechnen ist, sondern ob eine Scheidung in dieser Periode überhaupt noch möglich ist. Das verwundert zunächst, denn das islamische Recht sieht vor, dass nach einer einer einmal erklärten Scheidung eine Rücknahme innerhalb der Wartezeit beispielsweise durch einvernehmlichen Geschlechtsverkehr erklärt werden kann. Dieser hat in diesem Fall aber in derselben Periode vor der Erklärung der Scheidung stattgefunden. Schon der Fragesteller spielt mit dieser Schilderung wohl auf eine hanbalitische oder wahhabitische Sondermeinung an. Der wahhabitische Mufti greift diesen Punkt jedenfalls sofort auf und bezeichnet diese Art der Scheidung als unerlaubte Neuerung (Bid'a). Bei Letzterem handelt es sich um einen Fachbegriff, den gerade Wahhabiten gerne zur Begründung von Verboten heranziehen. Weiterhin führt er diese Rechtsansicht durch ein Zitat auf einen bedeutenden mittelalterlichen hanbalitischen Gelehrten zurück. Danach wird das Scheidungsrecht des Mannes für eine Periode also durch einvernehmlichen Geschlechtsverkehr verbraucht.
Erst danach befasst der Mufti sich mit der dreimal unmittelbar hintereinander ausgesprochenen Scheidung. Die herrschenden Meinung der Rechtsgelehrten geht dahin diese Praxis zwar zu missbilligen, aber für rechtlich wirksam zu halten. Auch hier vertritt der Mufti eine restriktive hanbalitische Meinung, nämlich dass es nur als eine Scheidung zähle.
Aufgrund des vorher Begutachteten, kommt der Mufti allerdings zum Ergebnis, dass in diesem Fall keine einzige rechtswirksame Scheidung ausgesprochen wurde. In diesem Fall führen restriktive zum Verbot tendierende wahhabitische Meinungen also zu einer Einschränkung des Rechts des Ehemannes einseitig die Scheidung zu erklären.

Schlagworte: Familienrecht, Scheidung, Wartezeit, Form, Frist, Wahhabiten