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Die aktuelle Fatwa: August 2016

29.08.2016

Deccan Chronicle: ‘Muslim women can also pronounce triple talaq’: UP seminary issues fatwa

Diese Pressemeldung schildert einen einfachen Fall, der wohl mittlerweile recht häufig vorkommt. Ein Muslim erklärt seiner Frau am Telefon die Scheidung. Das ist möglich, da das islamische Recht die mündliche Form für die Scheidung geradezu voraussetzt. Was diesen Fall allerdings sehr außergewöhnlich macht, ist, dass der oberste indische Gerichtshof diesen Fall auf eine Diskriminierung wegen des Geschlechts prüfen will. Das bedeutet, dass der Kern des islamischen Scheidungsrechts auf einen Grundrechtsverstoß geprüft wird.
In diesem Zusammenhang hat die sufisch orientierte Barelwi-Bewegung eine Fatwa erteilt. Danach können auch Frauen die Scheidung dreimal unmittelbar hintereinander ausprechen, wenn sie es im Ehevertrag vereinbart haben. Klauseln in Eherverträgen, die der Frau ein Scheidungsrecht einräumen, sind in der Tat weithin anerkannt. Höchst umstritten ist hingegen, ob es zulässig ist die Scheidung dreimal unmittelbar hintereinander auszusprechen - und das gilt schon für Männer. Man kann also bezweifeln, ob es sinnvoll ist eine möglicherweise missbräuchliche Anwendung des islamischen Rechts im Zuge der Gleichberechtigung nun auch Frauen zu gestatten, statt sie beiden Geschlechtern zu verbieten. Möglicherweise handelt es sich bei der Fatwa allerdings um den Versuch zu retten was noch zu retten ist.

Schlagworte: Familienrecht, Scheidung, Form, Ehevertrag, Grundrechte, Barelwis, Oberster Gerichtshof, Indien

21.08.2016

Islamweb: Metaphor of divorce leads to divorce if husband intended divorce

Die Fragestellerin schildert einen Ehekrach und möchte wissen, ob sie geschieden ist. Nach ihrer Darstellung hat ihr Mann sie zu ihren Eltern geschickt, worauf sie gesagt hatte, dass sie das als Scheidung betrachtet. Ihr Mann hat das mit den Worten bestätigt, dass es das sei als was sie es betrachte. Später habe ihr Mann sie angerufen und gesagt, dass er weder das Wort Scheidung benutzt habe noch eine Scheidung beabsichtigt habe.
Es ist zutreffend, dass das islamische Recht beim Ausspruch der Scheidung eine gewisse Formstrenge vorsieht. Der sunnitische Mufti rettet die Ehe, indem er hier weder einen ausdrücklichen Ausspruch der Scheidung noch eine Absicht (Niya) zur Scheidung erkennt. Das hätte man auch anders sehen können, da die gewählten Worte doch sehr eindeutig waren und der Ehemann sie eindeutig bestätigt hatte. Abschließend warnt der Mufti allerdings noch das Wort Scheidung leichtfertig zur Lösung von Eheproblemen einzusetzen.

Schlagworte: Familienrecht, Scheidung, Absicht

14.08.2016

Darul Ifta Birmingham: Will a person eventually enter Jannah after committing suicide

Der Fragesteller dieser Fatwa möchte wissen, ob ein Selbstmörder in das Paradies kommt. Das ist eine berechtigte Frage, denn nach der absolut herrschenden Meinung traditioneller islamischer Gelehrter ist Selbstmord verboten, was der Mufti auch sogleich wiederholt. Er fügt eine Überlieferung von Muhammad an, wonach der Selbsmörder im Jenseits mit seiner Tatwaffe gequält wird.
Nach Meinung des sunnitischen Muftis seien Überlieferungen, die den Selbstmörder in die Hölle schicken würden, allerdings nicht wörtlich zu interpretieren. Es ist in der Tat nach der ganz herrschenden Meinung im islamischen Recht so, dass ein Muslim, der sündigt, immer noch ein Muslim ist und somit grundsätzlich die Möglichkeit hat in das Paradies einzugehen. Allenfalls wer ein Gebot oder Verbot an sich leugnet, kann zum Ungläubigen werden. Das hängt auch von der Bedeutung des Gebotes ab. Welche Gebote und Verbote eine entsprechende Bedeutung haben, ist im Einzelnen umstritten.
Schließlich ist diese Fatwa ein gutes Beispiel dafür, dass auch theologische Fragen einer Fatwa zugänglich sind. Das unterscheidet eine nicht bindende Fatwa von einem die Parteien bindenden Urteil (Hukm). Theologische Fragen dürfen durch Urteile nicht entschieden werden und sind deshalb auch nicht vollstreckbar.

Schlagworte: Selbstmord, Sünde, Paradies, Hölle, Deobandis

07.08.2016

Darul Fiqh: What Is The Difference Between Trading, Investments and Gambling When The Outcome Is Uncertain In All and All Have Risk?

In dieser längeren Fatwa erläutert der hanafitische Mufti nachvollziehbar die Grundlagen der Islamic Finance am Unterschied zwischen (erlaubtem) Handel und (verbotenem) Spiel bzw. Wette (Maysir). Um die Fatwa zu verstehen muss man die Begriffe Spiel und Wette allerdings auf Börsengeschäfte beziehen. Der entscheidende Unterschied, der in unterschiedlicher Form immer wieder benannt wird, ist, dass der nach dem islamischen Recht erlaubte Handel an den Anlagegegenstand anknüpft, während die Wette vom Anlagegegenstand losgelöst ist. So hängt die Wette vom Eintritt ungewisser Ereignisse ab, während der Handel von der Entwicklung des Anlagegutes abhängt. Der Handel ist also auch nicht ohne Risiko, die Risiken sind aber u. a. durch die starke Anknüpfung an das Wirtschaftsgut deutlich eingehegt.
Der Mufti betont des Weiteren stark die Gemeinschaftlichkeit der wirtschaftlichen Tätigkeit im Gegensatz zum Gegeneinander bei der Wette. Das ist im Grunde zutreffend. Aber selbst bei einem Finanzierungskauf bei dem der Geldgeber durch Beteiligung am Gegenstand am Risiko der Wertentwicklung des Gegenstandes beteiligt ist, gibt es letztlich einen außenstehenden Verkäufer. Konkurrenzverhältnisse werden also auch durch die Islamic Finance nicht komplett ausgeschlossen. Je nach Wertentwicklung kann es also auch hier ein gutes Geschäft für den Verkäufer oder den Käufer gewesen sein. Entscheidender Unterschied ist, dass der Finanzier stärker am wirtschaftlichen Risiko des erworbenen Gegenstandes beteiligt wird.
Die zweite Hälfte der Fatwa nimmt ein instruktives Zitat eines Profesors für Islamic Finance ein. Er nimmt eine Dreiteilung vor. Danach gäbe es kooperative Geschäfte bei denen alle Beteiligten gewinnen oder verlieren würden, wie beispielswiese die Gesellschaft (Muscharaka). Weiterhin gäbe es Geschäfte mit direktem Gegeneinander wie die Wette. Und schließlich gäbe es gemischte Geschäfte, bei denen sowohl Kooperation als auch ein Gegeneinander möglich sei. Hier nennt er die landwirtschaftliche Gesellschaft (Muzara'a), die Auslobung (Ju'ala) und ein Geschäft, das man am ehesten als aufschiebend bedingten Kauf mit Vertragsstrafe ('Urbun) bezeichnen kann.

Schlagworte: Islamic Finance, Handel, Wette, Unsicherheit, Hanafiten