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Die aktuelle Fatwa: Januar 2013

29.01.2013

OnIslam: A Response to Those Who Deny Women Political Rights

In einer relativ langen Fatwa befasst sich der orthodoxe Mufti Yusuf Qaradawi sehr intensiv mit den politischen Rechten von Frauen. Auslöser waren diverse Fatwas, die im Rahmen des arabischen Frühlings erteilt wurden, die die Tendenz hatten den Frauen das aktive oder zumindest das passive Wahlrecht abzusprechen, so wohl auch die in Bezug genommene Fatwa der Azhar Universität. Nachdem bereits einige Wahlen stattgefunden haben, kommt diese Fatwa leider etwas spät. Sollten sich demokratische Tendenzen allerdings verfestigen, so kann auch die Fatwa Bestand haben.
Wie in einem Tatbestand fasst er zunächst das klassiches Rollenverständnis gegründet auf islamischen Lehren zusammen. Ohne sich von diesem Rollenverständnis zu entfernen, widerlegt er sodann gleichwohl die Schlussfolgerung, dass Frauen deshalb keine politischen Rechte zustünden. Zunächst führt er an, dass Frauen trotz weltlicher Versuchungen für politische Tätigkeiten qualifiziert sind und dass auch Männer weltlichen Versuchungen erliegen können. Das belegt er mit einigen Koranversen, die sich auf die frühislamische Geschichte beziehen. Schließlich geht er noch weiter in der Geschichte zurück und belegt seine Widerlegung mit der ebenfalls im Koran erwähnten Königin von Saba.
Im nächsten Abschnitt betont er zwar die Mutterrolle sehr stark, räumt Frauen aber gleichwohl die Möglichkeit ein am politischen Leben teilzunehmen ein, wenn die Mutterrolle erfüllt ist oder gar nicht eintritt.
Dann begründet er nachvollziehbar, dass es sich bei den Regelungen betreffend die Frauen des Propheten, um Spezialregelungen handelt. Mit dieser Meinung dürfte er ohnehin nicht alleine stehen. Dieses Argument kompletiert er noch dadurch, dass Aischa, eine Frau des Propheten, politisch äußerst aktiv war. Interessant ist die Wendung, dass sie von dem Vorhaben Vergeltung für den Tod des dritten Khalifen Uthman einzufordern Abstand nahm, weil ihre politische Ansicht falsch war. Das impliziert, dass falsche Ansichten keinen Ausschluss aus dem politischen Leben zur Folge haben, eventuell ist auch ein Zugeständnis an die Schiiten hierin erkennbar.
Weiterhin legt er ebenso nachvollziehbar da, dass gegenüber einem einsschlägigen Prophetenwort die angeführten anderslautenden Koranverse vorrangig sind. Hier bezieht er sich insbesondere wieder auf die Königin von Saba. Schließlich nimmt er eine genaue Wortlautauslegung vor und kommt zu dem Schluss, dass zwar absolute Macht für Frauen nicht möglich ist, also eine Frau nicht Präsident werden kann, wohl aber Premierministerin, denn mit diesem Amt ist keine absolute Macht verbunden.

Schlagworte: Demokratie, Wahlrecht, politisches Amt, Frauenrechte, Frauenrolle, Qualifikation, Versuchung, Königin von Saba, Mutterrolle, Frauen des Propheten, Aischa, Koran, Hadith, Macht, Qaradawi

Khabar Southeast Asia: ASEAN Muslim scholars unite on issuing fatwas

Wie man dieser Meldung entnehmen kann, macht die Globalisierung auch vor dem Fatwawesen nicht halt. Dieses Komitee kann dazu dienen zu einem Konsens (Ijma) in Rechtsfragen zu finden. Soweit ersichtlich, sind davon aber nur die sunnitischen Hauptströmungen umfasst.
Andererseits kann aber auch die Vielfalt konkurrierender Fatwas verringert werden, denn grundsätzlich ist jeder hinreichend qualifizierte Mufti befugt seine eigene Rechtsmeinung durch seine Fatwas zu äußern. Schließlich hat auch der Laie die Wahl welchen Mufti er fragt, bzw. welchem er folgt. Diese Wahl könnte eingeschränkt werden, indem Rechtsmeinungen vereinheitlicht werden.

Schlagworte: Globalisierung, Konsens, Sunniten, Verband Südostasiatischer Nationen

16.01.2013

OnIslam: Forcing a Raped Girl to Marry the Rapist: Islamic?

Diese Fatwa erinnert an die 16jährige Amina aus Marokko, die ebenfalls mit ihrem Peiniger zwangsverheiratet wurde. Auch dort zählte die Aufhebung der Strafe für den Vergewaltiger zu den Motiven der Heirat. Das löste allerdings letztes Jahr Proteste in Marokko aus den entsprechenden Paragraphen abzuschaffen.
Nun wird von islamischer Seite klar gestellt, dass dieses Vorgehen auch mit dem islamischen Recht nicht vereinbar ist. Dazu wird zunächst der Strafanspruch für Vergewaltigungen deutlich aufrecht erhalten. Abschließend wird das ebenso scharfe Schwert der Apostasie angeführt. Das würde nach Meinung des Muftis zu Strafsanktionen für die Mitglieder des Rates der lokalen Moschee führen. Gerade diese Ratsmitgleider müssen keineswegs über eine Ausbildung im islamischen Recht verfügen. Dann wäre neben einer falschen Auslegung des islamischen Rechts auch eine Kompetenzüberschreitung gegeben.

Schlagworte: Strafrecht, Vergewaltigung, Zwangsheirat, Apostasie, Indien

09.01.2013

Malaysia Today: Questions over ‘fatwa’ effect on non-Muslims after Selangor Sultan’s ‘Allah’ decree

Seit Beginn des Jahres wird in Malaysia eine Frage immer virulenter, die zunächst recht formal erscheint. Aus den Meldungen ergibt sich, dass wohl aktuell (noch) eine Fatwa erteilt wurde. Inhaltlich sollte man meinen, dass der Gebrauch des Wortes Allah selbstverständlich sein sollte. Es handelt sich hier schlicht um das arabische Wort für Gott, das Christen in der arabischen Welt üblicherweise gebrauchen, z. B. im Libanon. Allerdings kann man schon hier anmerken, dass Arabisch nicht die Landessprache Malaysias ist. Insofern ist es interessant, dass Allah offensichtlich das gebräuchliche Wort für Gott bei sehr vielen Religionsgemeinschaften in Malaysia ist. Hinzu kommt, dass die Christen das arabische Wort für Buch zur Bezeichnung der Bibel verwenden, was offensichtlich nicht beanstandet wird.
Formal stellt sich wieder einmal die Frage der Wirkung einer Fatwa. Da es sich um ein Gutachten handelt, hat es keine Bindungswirkung. Beachtet werden muss allerdings, dass hier die Fatwa(s) durch staatliche Erlasse und Urteile Bindungswirkung erlangen.
Interessant ist inwiefern die moralische Empfehlung einer Fatwa auf Nicht-Muslime ausgedehnt werden kann. Grundsätzlich können auch Nicht-Muslime Fatwas nachfragen, um sich z. B. über das islamische Recht zu informieren. Auch materiellrechtlich ist das islamische Recht partiell auf Nicht-Muslime anwendbar, z. B. was den Status von Schutzbefohlenen betrifft. Hier könnte man an eine Beleidigung des Glaubens denken. Dann geht es allerdings nicht darum, ob das Wort Allah gebraucht wird, sondern wie. Auch das leuchtet in der Diskussion allmählich durch. Grundsätzlich sind die arabische Sprache und die islamische Religion eigenständige Einheiten. Die Vereinnahmung von Worten für eine Religion ist ausschließlich. Wiederrum eine andere Frage ist, ob eine sprachliche Unterscheidung im konkreten Fall den Frieden zwischen den Angehörigen der verschiedenen Religionen fördert oder nicht.
Update 15.10.2013: Mittlerweile ist ein Berufungsurteil zu dieser Angelegenheit ergangen. Der Kommentar des ehemaligen Muftis des malaysischen Bundesstaates Perlis, dass der Islam Christen die Benutzung des Wortes Allah nicht verbietet, ist zutreffend. Ebenso zutreffend dürfte sein, dass das Urteil nur die konkret verurteilte Zeitung bindet. Ob dieses Urteil den Klägern und ihren Zwecken dient, halte ich für sehr zweifelhaft. Es besteht eine deutliche Gefahr der religiösen Spaltung der Gesellschaft. (vgl. The Star online: Fatwa Council: 'Allah' is sacred word specific to Islam and Muslims

Schlagworte: Allah, Arabisch, Christen, Sikh, Wirkung, Gutachten, Urteil, Bindungswirkung, Beleidigung, Malaysia

02.01.2013

OnIslam: Should an Apostate Be Put to Death?

Mit einer beeindruckenden Fatwa zur Apostasie wartet die Plattform OnIslam zu Beginn des Jahres 2013 auf. Dazu wird die Gewissensfreiheit als koranisches Grundprinzip präsentiert. Hergeleitet wird das aus einer Reihe Koranverse, von denen insbesondere der Erste sehr bekannt ist. Abschließend wird noch kurz ein historisches Argument dergestalt angeführt, dass die Todesstrafe vornehmlich mit dem Tatbestand des Hochverrats verknüpft sei. So gewichtig die Argumente auch seien, dürfte es sich bei der hier geäußerten Meinung leider nach wie vor um eine Mindermeinung handeln.

Schlagworte: Apostasie, Gewissensfreiheit, Hochverrat, Todesstrafe