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09.11.2024

BBC: Gaza’s top Islamic scholar issues fatwa criticising 7 October attack

Viele Medien berichten, dass der berühmteste islamische Gelehrte Gazas eine Fatwa erlassen habe, in der er den Angriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023 verurteile. Professor Salman al-Dayah ist ein ehemaliger Dekan der Fakultät für Scharia der der Hamas nahestehenden Islamischen Universität Gaza. In seiner Fatwa kritisiert er, dass die Hamas die islamischen Prinzipien, die den Dschihad regeln, missachten würde. Wenn die Bedingungen für einen Dschihad nicht erfüllt seien, müsste er vermieden werden um das Leben der Menschen nicht zu zerstören. Das sei auch leicht für die Politiker einzuschätzen gewesen. Die erheblichen zivilen Opfer, die weitreichende Zerstörung ziviler Infrastruktur und die humanitäre Katastrophe, die nach dem 7. Oktober eingetreten seien, würden bedeuten, dass der Angriff auf Israel in direktem Widerspruch zu islamischen Prinzipien stünde. Die Hamas sei gescheitert Kämpfer von den Häusern palästinensischer Zivilisten fernzuhalten und Sicherheit als auch Grundbedürfnisse zu gewährleisten. Der Professor habe seine Meinung mit Koranversen belegt, eingeschlossen die Notwendigkeit Aktionen zu vermeiden, die eine exzessive Antwort des Gegners provozieren. Nichtkombattanten müssten geschützt werden. Menschliches Leben sei für Gott wertvoller als Mekka.
Das ist eine sehr deutliche Kritik an der Hamas, die zudem noch einige interessante Aspekte enthält. In der Tat wird im islamischen Recht diskutiert unter welchen Umständen es sinnvoll ist einen Dschihad zu führen, gerade auch unter Einbezug der Kräfteverhältnisse. Insofern ist die Überlegenheit des israelischen Militärs gegenüber der Hamas extrem offensichtlich. Auch dass auf die am 7. Oktober begangenen Gräueltaten eine exzessive Antwort des israelischen Staates erfolgen würde, war leicht für die Führung der Hamas vorherzusehen. Daraus lässt sich allerdings auch schließen, dass der Professor einen offensiven Dschihad nicht grundsätzlich ablehnt. Nach der mittlerweile herrschenden Meinung unter islamischen Juristen ist allerdings nur noch ein defensiver Dschihad erlaubt, also im Verteidigungsfall. Der offensive Dschihad wird allerdings noch von Islamisten erlaubt bzw. gefordert. Laut den Pressemeldungen soll der Professor Salafist in dem Sinne sein, dass er streng dem Beispiel Muhammads folgt. Dementsprechend soll er auch ein klassisches Khalifat befürworten und gegen moderne (islamische) Parteien sein, einschließlich des IS. Nach klassischem islamischen Recht ist es der Khalif, der den Dschihad ausruft. Zwar wird unter modernen islamischen Juristen diskutiert diese Befugnis auf die Präsidenten moderner islamischer Staaten zu übertragen, allerdings läge es aufgrund der sehr klassischen Orientierung des Professors nahe, dass er fordert, dass ein Khalif den Dschihad ausruft. Die Hamas wäre dann dazu formal schon gar nicht befugt. Ob die angeblich sechsseitige Fatwa Ausführungen zu diesem Punkt enthält, ist den Pressemeldungen leider nicht zu entnehmen. Schließlich ist noch interessant, dass er in Übereinstimmung mit dem klassischen islamischen Recht den Schutz von Nichtkombattanten fordert, und zwar ebenfalls damit übereinstimmend ohne Unterschied auch die Gegner betreffend.
Insgesamt lässt sich also feststellen, dass der Professor den Angriff nicht wirklich grundlegend verurteilt. Unter gänzlich anderen Umständen, also erheblich größerer Stärke der Hamas, gegebenenfalls einer Ausrufung des Dschihads durch einen Khalifen und einer Durchführung unter Einhaltung der Regeln des islamischen Kriegsrechts (z. B. Schutz von Nichtkombattanten) hätte er den Angriff wohl erlaubt.

Schlagworte: Hamas, Israel, Gaza, Angriff, Dschihad, offensiv, defensiv, Khalif, Leben, Sicherheit, Grundbedürfnisse, Nichtkombattanten