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Die aktuelle Fatwa: Januar 2022

30.01.2022

AboutIslam: Transplanting Pig Hearts into Humans: Islamic View

Neue Entwicklungen in der Medizin, wie die Transplantation eines Schweineherzens in einen Menschen, fordern auch islamische Juristen heraus. Das formuliert der sunnitische Mufti in seiner Antwort auf eine entsprechende Frage ganz offen indem er darauf hinweist, dass es für diese Frage keine Antwort in der klassischen Rechtswissenschaft gibt, weshalb sich der Jurist selbst anstrengen müsste. Diese Formulierung dürfte eine Umschreibung des Konzepts des Idschtihad (freie Rechtsfindung) sein.
Dann legt der Mufti recht ausführlich dar, dass es unter den islamischen Rechtsgelehrten keinen Konsens über die Nutzung von Körperteilen des Schweins gibt. Eine Gruppe lehne das ab, weil das Schwein unrein sei und daher auch seine Körperteile unrein seien und Verbotenes kein Heilmittel sein könne.
Die andere Meinung wird u. a. von den Malikiten, einem berühmten hanbalitischen Gewährsmann und eben vom antwortenden Mufti vertreten. Danach seien Schweine nicht grundsätzlich unrein. Das Essen von Schweinefleisch sei also verboten, aber nicht grundsätzlich die Nutzung von Organen des Schweins.
Als Nächstes führt der Mufti die Ziele der Scharia ein, von denen hier der Schutz des Lebens relevant ist. Selbst diejenigen, die das Schwein insgesamt für schmutzig halten würden, würden die Nutzung von Organen erlauben, wenn sie Menschenleben retten würden. Als Beleg dafür zitiert er einen Koranvers. Entscheidendes Konzept für diese Lösung ist die Notwendigkeit (Darura).
Nun geht der Mufti aber noch einen Schritt weiter und führt das Konzept der Veränderung (Istihala) ein. Dabei kommt es auf eine Veränderung der wesentlichen Eigenschaften des fraglichen Stoffes an, so würde aus verbotenem Alkohol durch Veränderung erlaubter Essig. Da nach Angabe der Mediziner das Schweineherz vor der Transplantation genetisch verändert worden sei, läge hier eine Veränderung vor, die die Transplantation erlaubt mache. Nebenbei hat der Mufti hier deutlich gemacht, dass er Gentechnik grundsätzlich für erlaubt hält. Außerdem verweist er darauf, dass Herzklappen vom Schwein bereits regelmäßig transplantiert würden und Schweinhaut bei Brandwunden eingesetzt werde.
Schließlich rät der Mufti dem Patienten sein eigenes Gewissen zu befragen. Er macht die erteilte Erlaubnis also nicht zu einem Zwang, jedenfalls solange niemand Anderes durch diese Entscheidung geschädigt wird. Der Mufti hat sich somit tatsächlich in seiner langen und mit Zwischenüberschriften versehenen Fatwa viel Mühe um eine eigene Rechtsenscheidung gemacht (Idschtihad) und zuletzt noch ethisches Fingerspitzengefühl bewiesen.

Schlagworte: Organtransplantation, Schwein, Herz, unrein, Lebensschutz, Notwendigkeit, Veränderung, Gentechnik, Gewissen, Malikiten, Hanbaliten

23.01.2022

Islam - Q & A: Is it acceptable for his salary to be a percentage of the income of the dentist’s clinic, in addition to a fixed amount?

Ein Zahnarzt möchte wissen, ob ein ausgehandelter Arbeitsvertrag erlaubt ist. Die problematische Komponente ist der Lohn, der sich aus einem fixen Anteil und einem prozentualen Anteil an den Einnahmen der Zahnklinik zusammensetzt.
Der wahhabitische Mufti legt dar, dass es eine Meinungsverschiedenheit unter den islamischen Rechtsgelehrten gäbe, ob ein prozentualer Anteil des Lohns als bekannte Lohnhöhe gilt, was Voraussetzung für die Wirksamkeit eines Arbeitsvertrages ist. Die Mehrheit der Gelehrten lehne das ab, während die Hanbaliten, zu denen die Wahhabiten zählen, auch prozentuale Anteile an den Einnahmen oder Gewinnen als bekannte Lohnhöhe ansähen. Dieses Ergebnis wird aus landwirtschaftlichen Partnerschaftsverträgen hergeleitet. Das ist soweit auch nachvollziehbar, da auch dort ein Partner das Land und gegebenenfalls die Infrastruktur stellt und der andere Partner die Arbeitsleistung schuldet. Das lässt sich auf die Stellung der Infrastruktur einer Zahnklinik und der Arbeit eines Zahnarztes übertragen.
Ein weiteres Problem ist allerings, dass wiederrum eine Mehrheit der Gelehrten eine Kombination aus fixen und prozentualen Lohnanteilen für verboten halte, während der Namensgeber der Hanbaliten, Ahmad ibn Hanbal, auch das erlaubt habe. Dann folgt allerdings ein längeres Zitat aus einem Werk eines bedeutenden hanbalitischen Gelehrten, das zahlreiche Belege enthält, dass eine Kombination zumindest missbilligt wird. Daraus schließt der Mufti, dass man auf der sicheren Seite wäre, wenn man nur einen fixen Lohn oder nur einen prozentualen Lohn vereinbare.
Etwas überraschend billigt der Mufti dann noch in seinen abschließenden Sätzen den geschlossenen Vertrag, wenn auch der andere Vertragspartner damit zufrieden sei. Wir sehen hier ein beeindruckendes Beispiel von recht weiter Vertragsfreiheit, der an sich als streng geltenden Hanbaliten und Wahhabiten, gerade auch im Vergleich zu anderen islamischen Lehrmeinungen.

Schlagworte: Arbeitsvertrag, Lohn, Gewinnanteile, Kombination, Hanbaliten, Wahhabiten

16.01.2022

Times Now: Complaint to child rights body NCPCR over Darul Uloom Deoband's 'controversial' fatwas on children

Der Natiomnale Rat zum Schutz der Kinderrechte Indiens nimmt die Islamische Universität in Deoband wegen einiger angeblich auf ihrer Website publizierter Fatwas ins Visier. Nach einer dieser Fatwas habe das adoptierte Kind u. a. kein Erbrecht. Eine andere Fatwa erlaube Lehrern Kinder zu schlagen, obwohl das nach dem indischen Gesetz verboten sei.
Der Rat meint, dass es Anstiftung zu gesetzwidrigem Verhalten sei solche Informationen zur Verfügung zu stellen. Der Rat hat die Regierung des entsprechenden indischen Bundesstaates um Untersuchung gebeten und beim höchsten Exekutivbeamten des Bundesstaates beantragt die Website zu blockieren bis die streitgegenständlichen Inhalte entfernt seien (vgl. NDTV: Child Rights Body Asks UP To Probe Islamic Seminary For "Unlawful" Fatwas). In der Tat war die Website der Islamischen Universität in Deoband kurzzeitig nicht erreichbar.
Es handelt sich wieder einmal um einen Konflikt zwischem staatlichem und islamischem Recht. Interessant wird sein, wie sich die Islamische Universität in Deoband in Zukunft zu solchen Fragen verhalten wird. Werden sie nicht mehr beantwortet, nicht mehr publiziert oder findet eine inhaltliche Änderung der Antworten statt?

Schlagworte: Kinderrechte, Adoption, Erbrecht, Züchtigung, Anstiftung, Websiteblockade, Islamische Universität Deoband, Nationaler Rat zum Schutz der Kinderrechte, Indien

09.01.2022

Il Sismografo: Metropolitan of Astana and Supreme Mufti of Kazakhstan address Kazakhstanis

Es gibt eine Äußerung des Großmuftis von Kasachstan zu den Unruhen im Land, die allerdings schwer zu finden ist, da eine Website (inform.kz), auf der sie anscheinend publiziert war, schon nicht mehr erreichbar ist. Möglicherweise handelt es sich um ein Anzeichen, dass die Wahrheit im Krieg das erste Opfer ist.
Man kann die Äußerung allerdings noch auf einer italienischen bzw. vatikanischen Website finden. Vorangestellt ist dem eine Äußerung des Metropliten von Astana (alter Name für die Haupstadt Kasachstans, Nur-Sultan). Er ruft die Bevölkerung auf keine Konflikte zu entzünden. Insofern unterstützt er ausdrücklich den entsprechenden Aufruf des kasachischen Präsidenten. Ein solcher Bezug fehlt in dem wiedergegebenem Aufruf des kasachischen Großmuftis. Es sei die Pflicht jedes Einwohners die Unabhängikeit Kasachstans zu bewahren. Das ist markanter ausgedrückt als es der Metropolit getan hat, der lediglich vor einem Verlust der Unabhängigkeit gewarnt hatte. Denn aus der Aussage des Großmuftis kann man gegebenenfalls auch die Pflicht zum bewaffneten Widerstand herleiten. Ferner betont er in Gottes Namen die Einheit und Solidarität der Kasachen, die zu bewahren sei.

Schlagworte: Unruhen, Unabhängigkeit, Einheit, Solidarität, Präsident, Großmufti, Metropolit, Kasachstan