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Die aktuelle Fatwa: Januar 2023

29.01.2023

Saudi Gazette: Grand Mufti: Burning copy of Qur'an is provocation to 1.5 billion Muslims

Die Verbrennung eines Korans vor der türkischen Botschaft in Stockholm am 21.01.2023 hat zum Teil heftige Reaktionen in der muslimischen Welt ausgelöst. Auch Muftis äußern sich dazu, beispielsweise der saudische Staatsmufti. Es sei eine Provokation gegenüber eineinhalb Milliarden Muslimen. Nun ist der saudische Staatmufti Wahhabit und gehört damit einer puritanischen Minderheit unter den Muslimen an. Es ist also zweifelhaft, ob er für alle Muslime sprechen kann.
Diese demagogischen Praktiken würden Hass säen und den Extremisten auf der Welt dienen. Die Praktiken würden nur den Glauben der Muslime in den Koran stärken. Der Staatsmufti geht also von einer Kausalität oder zumindest von einer Korrelation zwischen solchen Taten und dem muslimischen Glauben aus. Er fügt hier allerdings noch an, dass der Koran die Quelle des Rechts und die richtige Herangehensweise sei Frieden und die Koexistenz der Nationen zu verbreiten. Außerdem würden diese Praktiken auch das Festhalten der Muslime an Weisheit und Einigkeit im Umgang mit Hass und Gewalt vergrößern.
In der Tat steht hier dem Grund- bzw. Menschenrecht der Meinungsfreiheit das Grundrecht der Religionsfreiheit gegenüber. Im deutschen Verfassungsrecht wird in solchen Fällen mit der Methode der praktischen Konkordanz versucht einen Ausgleich zwischen den Grundrechten zu erzielen. Jedenfalls stellt die Verbrennung von Büchern regelmäßig den Versuch dar eine Meinung zu unterdrücken. Es ist also jedenfalls berechtigt die Frage zu stellen, ob solche Taten noch von der Meinungsfreiheit gedeckt sind.

Schlagworte: Koranverbrennung, Stockholm, Staatsmufti, Saudi-Arabien, Wahhabiten

22.01.2023

Islamweb: Ruling on abortion

Die Fragestellerin schildert, dass sie mit dem siebten Kind schwanger sei. Ihr Ehemann wolle eine Abtreibung und würde sie psychisch und finanziell misshandeln. Sie habe keine Möglichkeit ohne ihn zu leben, da sie kein Geld und keine Familie habe.
Der streng sunnitische Mufti erklärt die Abtreibung gleichwohl zunächst für von Anfang an verboten. Sodann meint er, dass die Sünde allerdings schlimmer sei, wenn die Seele bereits in den Fötus eingehaucht sei. An dem Einhauchen der Seele machen die Gelehrten üblicherweise den Beginn des Verbotes der Abtreibung fest.
Daraufhin bringt er den Begriff der Notwendigkeit ins Spiel, womit bereits angedeutet wird, dass das Verbot vor dem Einhauchen der Seele nicht ausnahmslos ist. Zunächst rät der Mufti der Fragestellerin aber noch ihren Ehemann zu überzeugen. Wenn das nicht gelänge, dürfe sie ihm aber nicht gehorchen.
Erst danach erlaubt der Mufti den Gelehrten zu folgen, die eine Abtreibung vor dem 40. Tag erlauben. Er schließt sich also der Meinung an, die davon ausgeht, dass die Seele am 40. Tag eingehaucht wird. Die wohl größte Gruppe der sunnitischen Gelehrten verortet das Datum noch später.
Als notwendig erkennt der Mufti schlechte Konsequenzen an, die aus dem Ungehorsam der Frau ihrem Ehemann gegenüber folgen. Dazu zählt er unter Anderem eine Scheidung.

Schlagworte: Strafrecht, Abtreibung, Sünde, Einhauchen der Seele, Notwendigkeit, Scheidung

15.01.2023

Dawn: Renowned KP clerics issue fatwa denouncing terrorism

Mehrere Medien berichten über eine Fatwa gegen Terrorismus, die von einigen pakistanischen Geistlichen unterschiedlicher Lehrrichtungen erteilt wurde. Diese Geistlichen stammen aus der Provinz Khyber Pakhtunkhwa in der die pakistanischen Taliban aktiv sind.
Die Gelehrten hätten in der Fatwa die Verbreitung von Chaos und Unruhe in einem islamischen Staat verdammt. Diejenigen, die den Autoritäten den Krieg erklärten und gegen sie zu den Waffen griffen, seien Täter, die Strafe verdienten. Der Dschihad könne nur durch den Kopf des islamischen Staates ausgerufen werden. Ein durch den Feind getöteter Soldat oder Polizist sei ein Märtyrer.
Man kann daran erkennen, dass sich die Gelehrten auf die Seite des Staates stellen, den sie auch als islamisch anerkennen. Überdeutlich wird die Anerkennung des Kampfes des Staates für die islamische Sache dadurch, dass die in diesem Kampf gefallenen Soldaten und Polizisten als Märtyrer anerkannt werden.
Nach klassischer islamischer Lehre kann nur der Khalif bzw. der Imam den Dschihad erklären. Wenn nun der Kopf des islamischen Staates den Dschihad erklären kann, deutet das eine Ausdehnung auf Präsidenten moderner islamischer Staaten an.

Schlagworte: Dschihad, Taliban, Terrorismus, Märtyrer, Pakistan

08.01.2023

eShaykh.com: Buddhishm

Ein interessanter und grundsätzlicher Sachverhalt wird in dieser Frage geschildert. Es geht um einen Buddhisten, der meint gleichzeitig Muslim sein zu können, da er meint, dass der Buddhismus nur eine bestimmte Lebensweise sei. Gleichzeitig hält er den Islam für die richtige Religion.
Man könnte nun erwarten, dass der Mufti erklärt, dass das nicht geht, oder gar Schlimmeres. Das macht er aber nicht, jedenfalls nicht ausdrücklich. Stattdessen erklärt er, dass der Buddhismus helfe die Seele zu verstehen und ein rechtschaffenes Leben zu führen. Der Buddhismus betone mehr die Befreiung von Leid als die Anbetung Gottes. Das klingt als ob die gleichzeitige Praktizierung von Buddhismus und Islam möglich sei. Man kann die Art der Antwort jedenfalls der sufischen Orientierung dieses Fatwa-Online-Dienstes zuschreiben.
Gerade an der Stelle folgt dann aber doch das Wort oder zwischen Islam und Buddhismus. Es wird vom Mufti aber letztlich in Gottes Hand gegeben. Der Buddhismus sei eine ältere spirituelle Praxis, aber alle Menschen dieses Zeitalters seien Teil der Gemeinde Muhammads, unabhängig davon, ob sie es wüssten oder nicht. Damit wird der islamische Alleingeltungsanspruch letztlich doch (auf spirituelle Weise) deutlich gemacht.

Schlagworte: Buddhismus, Islam, Seele, Rechtschaffenheit, Leid, Freiheit, Gott, Anbetung, Gemeinde

01.01.2023

muftisays: Past relationships of partner

Immer wieder tauchen Fatwas auf, bei denen die Frage interessanter ist als die Antwort. Häufig werden in den Fragen familiäre Verhältnisse geschildert, so auch hier. Der Fragesteller ist 22 Jahre alt und verlobt mit einer 18jährigen Frau. Seine Verlobte hat ihm ihr Passwort für ihr Facebookkonto gegeben, was zunächst einmal für viel Vertrauen spricht. Andererseits hatte sie zuvor einige Daten vernichtet. Der Fragesteller konnte die Daten allerdings wiederherstellen. So sah er, dass sie online schon in, wie er es ausdrückt, sexueller Aktivität mit zwei bis drei Jungen war und diese auch im realen Leben getroffen hatte. Er konfrontierte seine Verlobte damit und sie gab zu, dass sie die Jungen geküsst und umarmt habe, sie habe aber keine Unzucht (Zina) getrieben. Außerdem habe sie ihren Körper bei online Videoanrufen gezeigt, was der Fragesteller für Zina (Unzucht) hält. Nun vertraue er ihr nicht mehr.
Der Fragesteller habe auch selber schon Zina (Unzucht) getrieben. Der Fragesteller benutzt hier selber den entsprechenden arabischen Fachbegriff. Es ist allerdings, wie in vielen anderen Fällen, problematisch, wenn Laien Rechtsbegriffe benutzen. Denn es ist nach den Schilderungen des Fragestellers alles andere als klar, ob er bzw. seine Verlobte überhaupt Zina im strafrechtlichen Sinne getrieben haben. Der Fragesteller geht offensichtlich von einer zu strengen Definition des Begriffs aus. Jedenfalls möchte er wissen, ob er seine Verlobte verlassen oder heiraten soll.
Der Mufti meint, dass einer Heirat nichts entegegenstünde. Beide müssten allerdings die Sünden ernsthaft bereuen. Für diese Reue (Tauba) sei ein Beenden der Sünde und ein Entschluss nicht wieder in die Sünde zu verfallen notwendig. Was nun an dem Verhalten der beiden Verlobten sündhaft gewesen sein soll, teilt der Mufti, der der streng hanafitischen Richtung der Deobandis angehört, nicht mit.

Schlagworte: Strafrecht, Unzucht, Reue, Deobandis