Die aktuelle Fatwa: Februar 2022
27.02.2022
Iqna: Russische Muslime unterstützen Putins Entscheidung zur Ostukraine
Laut Titel dieser Meldung würden russische Muslime die Entscheidung Putins die sogenannten Volksrepubliken im Donbass anzuerkennen unterstützen. Tatsächlich ist fraglich, ob das zutreffend ist. Zutreffend ist wohl eher, dass Iran diese Entscheidung untersützt, denn die Meldung stammt von einer iranischen Nachrichtenagentur.
Tatsächlich handelt die Meldung inhaltlich von einer Äußerung des Moskauer Muftis. Dieser behauptete, dass die russischen Muslime die Anerkennung der sogenannten Volksrepubliken im Donbass begrüßen würden. Die Entscheidung sei von Experten getroffen worden. Das soll wohl den Eindruck vermitteln, dass es sich um eine fundierte professionelle und damit auch richtige Entscheidung handeln würde. Russlands Position bestehe darin niemandem Schaden zuzufügen. Der Mufti habe selbst gesehen wie Banditen auf der Krim Christen und Muslime bedroht hätten. Das spricht alles für eine höchst subjektive und prorussische Sichtweise. Russland hat schon zuvor der Ukraine auf der Krim und im Donbass Schaden zugefügt. Und Kriminalität, also Banditen zu bekämpfen, so diese Behauptung zutreffend ist, ist Aufgabe jedes Staates, also auch der Ukraine. Das rechtfertigt keinesfalls die Annexion fremden Territoriums.
Schlagworte: Ukraine, Mufti von Moskau, Donbass, Krim, Krieg, Putin, Russland, Iran
20.02.2022
Darul Ifta Birmingham: Is Dropshipping Permissible
In dieser Fatwa geht es darum, ob Direkthandel, also der Verkauf von Waren durch den Händler und Belieferung des Kunden direkt vom Hersteller oder Großhändler, erlaubt ist. Der Mufti stellt zunächst klar und deutlich fest, dass das nicht erlaubt ist.
Dann bietet der Mufti allerdings den Bay Salam als mögliche Lösung an. Diesen Vertrag könnte man als Kauf gegen Vorkasse bezeichnen. Abgesehen davon, dass der Verkäufer oder sein Agent die Ware zwischenzeitlich in Besitz genommen haben muss, verlangt dieser Vertrag die Einhaltung von sieben Bedingungen.
Ein Großteil dieser Bedingungen dient dazu die verkaufte Ware bestimmbar zu machen, so muss die Gattung und die Menge der Ware bestimmt werden und zwar nach dem üblichen Maß für diese Ware, also z. B. nach Gewicht oder Stückzahl. Alle diese Voraussetzungen dienen dazu Streit vorzubeugen. Deshalb müssen auch Zeit und Ort der Lieferung vorab bestimmt sein.
Es ist allerdings fraglich, ob dieser Vorschlag das Problem des Fragestellers lösen kann, denn der Bay Salam dient dazu den Geldmangel des Verkäufers zu lösen, beispielsweise um Saatgut zu kaufen und später eine bestimmte Menge gezogener Früchte zu verkaufen. Beim Direkthandel liegt aber nicht zwingend ein Mangel an Geld vor, sondern ein Mangel an Lagerkapazitäten, was der Fragesteller auch schildert.
Schlagworte: Handelsrecht, Direkthandel, Kaufvertrag, Vorkasse, Besitz, Deobandis
13.02.2022
Ask Imam: Tawbah from being a Porn Actor
Der Fragesteller vereinte in seiner Person zwei auf den ersten Blick sehr entgegengesetzte Eigenschaften. Er war und ist nämlich Muslim und war Darsteller in Sexfilmen. Nun habe er bereut, hat aber massive moralische Bedenken, weil seine Filme noch im Umlauf seien. Dabei habe er schon versucht die Filme löschen zu lassen, aber die Filmfirma habe das verweigert. Außergewöhnlich ist, dass der Fragesteller neben seinem Seelenheil auch direkt nach der Notwendigkeit einer Leibesstrafe nach islamischem Recht wegen Unzucht (Zina) fragt. Dieses Thema wird in Fatwafragen und -antworten in dieser Deutlichkeit nämlich meistens umgangen. Auch der antwortende Mufti erwähnt die mögliche Leibestrafe in seiner Antwort mit keinem Wort.
Stattdessen thematisiert der Mufti in seiner Antwort hauptsächlich die Voraussetzungen einer ernsthaften Reue. Es sind insgesamt vier Voraussetzungen, nämlich die Sünde komplett aufzugeben, reuevoll zu sein, fest entschlossen zu sein sie nicht zu wiederholen und die von der Sünde betroffenen Dritten wieder in ihre Rechte einzusetzen. Der letzte Punkt könnte im Hinblick auf die noch im Umlauf befindlichen Filme problematisch sein, aber dem Mufti reicht der Versuch des Fragestellers aus die Filme löschen zu lassen, da das alles sei, was er tun könne. Deswegen würde auch Gott ihm verzeihen.
Schlagworte: Strafrecht, Unzucht, Sexfilme, Darsteller, Reue, Sünde, Vergebung, Hanafiten
06.02.2022
Islamweb: His Friend Said ‘The Big Man Upstairs Won’t Be Happy with This’
Diese Fatwa beschäftigt sich damit wer mit der Äußerung "der große Mann treppauf" gemeint ist und welche Konsequenzen das hat. Man kann hier die beiden regelmäßigen Arbeitsschritte von Juristen erkennen. Zunächst ist der Sachverhalt auszulegen. Der geschilderte Sachverhalt legt nahe, dass der Satz von einem jüngeren Mann oder Jugendlichem geäußert wurde. Das legt wiederrum nahe, dass beispielsweise sein Vater gemeint sein könnte.
Rechtlich problematisch wird es bei der zweiten möglichen Auslegung, nämlich wenn Gott gemeint sein sollte. Dann kann es sich um Unglaube handeln, denn er hat Gott mit menschlichen Eigenschaften beschrieben, nämlich als Mann. Der streng sunnitische Mufti zitiert zu der Unvergleichlichkeit Gottes vier Koranverse. Dabei sind aber noch zwei weitere Aspekte zu beachten, die der Mufti sehr kurz anführt. Zum Einen muss der Täter den entprechenden Vorsatz gehabt haben, er muss also mit der Äußerung Gott gemeint haben. Zum Anderen darf man niemanden als Ungläubigen bezeichnen ohne einen eindeutigen Beweis zu haben. Solche häufig in Fatwas zum Unglauben vorkommenden Sätze sind ein Reflex auf den sogenannten Takfir, also das Für-Ungläubig-Erklären. Es werden damit insbesondere Laien gewarnt den Takfir zu leichtfertig zu praktizieren. Andererseits handelt es sich um eine Abgrenzung gegenüber Islamisten, die den Takfir gerne praktizieren.
Letztlich bringt der Mufti den Zweifelssatz zur Anwendung, den es auch im islamischen Strafrecht gibt. Anderenfalls könnte man bei einer Person, die Muslim ist, zu einer strafbaren Apostasie kommen.
Schlagworte: Strafrecht, Apostasie, Gott, Eigenschaften, Auslegung, Zweifel, Vorsatz, Takfir