Die aktuelle Fatwa: März 2020
29.03.2020
The Arab Weekly: Moroccans reject Salafists’ ‘irresponsible’ attempt at assailing closure of mosques
Die öffentliche Debatte, ob Moscheeschließungen notwendig bzw. erlaubt sind, geht weiter. Nicht nur in Marokko, auch im Irak und Pakistan wird u. a. per Fatwa gestritten. Nach diesem Artikel halten viele Marokkaner die Haltung der Salafisten, Moscheen offen zu halten, für unverantwortlich. Ein Salafist, der gesagt hatte, ein Land, das seine Moscheen schließt, würde seiner Religion abschwören, wurde bereits am 17. März verhaftet.
Da die Frage zu der Fatwa, mit der der Hohe Rat islamischer Gelehrter Marokkos die Schließung von Moscheen empfohlen hatte, vom König gestellt wurde, steht eine Majestätsbeleidigung im Raum. Diese wiegt umso schwerer, da hier Apostasie ins Spiel gebracht wurde. In der Folge marschierten aber auch in verschiedenen marokkanischen Städten in Missachtung des erklärten Gesundheitsnotstandes Dutzende um zu Gott um Erlösung von Corona zu beten.
In der Tat ist eine rein medizinische Betrachtung des Virus, die sich zudem immer noch sehr im Fluss befindet, nicht zielführend, da er auf nahezu alle anderen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereiche durchschlägt. Auch in Deutschland wird beispielsweise eine Zunahme häuslicher Gewalt vermutet. Hier könnten die ebenfalls vom Virus betroffenen Religionsgemeinschaften helfen das Seelenheil zu erhalten. Es gibt sicher Möglichkeiten das ohne Märsche mit Ansteckungsgefahr zu bewirken. Schließlich kann man mittlerweile aber feststellen, dass es einen Konsens unter muslimischen Gelehrten gibt, dass auch Moscheeschließungen in solch einer Situation gerechtfertigt sind. Davon weichen nur noch Einzelne ab (meist Islamisten).
Schlagworte: Corona, Virus, Moscheeschließung, Epidemie, Salafisten, Apostasie, Hoher Rat islamischer Gelehrter, König, Marokko
22.03.2020
Yabiladi: Morocco’s Salafists refute the potential closure of mosques because of coronavirus
Mittlerweile ist die Zahl an Fatwas insbesonderer hochrangiger Muftis zu Corona derartig angestiegen, dass man die Herausbildung eines Konsenses (Idschma) erkennen kann. Solch ein Gelehrtenkonsens ist geeignet bindendes Recht zu produzieren. Weitgehende Einigkeit besteht, dass Risikogruppen, also Alten und Kranken, im Falle einer solchen Pandemie erlaubt ist dem Freitaqgsgebet fernzubleiben. Ferner rechtfertigt eine solche Pandemie das gemeinschaftliche Gebet einzuschränken.
Streit herrscht noch über die Art der Einschränkung. So wird vorgeschlagen das Freitagsgebet mit den notwendigen Abständen zwischen den Gläubigen zu gestalten, also bespielsweise immer eine Reihe freizulassen. Manche Staaten, wie beispielsweise Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate gehen so weit das Freitagsgebet zeitweise ganz zu untersagen. Der Hohe Rat islamischer Gelehrter Marokkos hatte am Montag ebenfalls eine dahingehende Fatwa erlassen.
Dagegen regt sich Widerstand, wie man diesem Presseartikel entnehmen kann. Marrokanische Salafisten halten eine Schließung bislang noch nicht für notwendig. Menschen würden Zuflucht in Moscheen suchen. Man solle lieber Bars, Casinos und Stätten der Sünde schließen. Zumindest letztes Argument ist nicht haltbar, wenn sich Corona durch Kontakt verbreitet. Insofern besteht kein Unterschied zwischen einer vollen Bar oder einer vollen Moschee.
Aber selbst unter den marrokanischen Salafisten herrscht keine Einigkeit. Ein Salafist hatte bereits letzte Woche vorgeschlagen Gemeinschaftsgebete wegen der Lebensgefahr auszusetzen.
Schlagworte: Corona, Virus, Freitagsgebet, Moschee, Epidemie, Salafisten, Hoher Rat islamischer Gelehrter, Marokko
08.03.2020
Rudaw: Coronavirus fatwa: Friday prayers will not be suspended in Kurdistan Region
Der Oberste Fatwarat der Kurdischen Union islamischer Gelehrter im Irak hat eine Fatwa zu Corona erlassen. Danach würde der Ausbruch am 03.03.2020 noch nicht die Absage von Freitagsgebeten rechtfertigen. Eine Ausnahme gelte nur für Orte, wo die Krankheit epidemisch sei. Auch Muhammads Geburstag, Hochzeiten und Trauerfeiern sollten abgesagt werden. Das zeigt, dass im islamischen Recht bei entsprechend schwerwiegenden Gründen auch Ausnahmen in religiösen Kernbereichen möglich sind. Wer sich nicht wohl fühle, dürfe dem Freitagsgebet fernbleiben. Erste Fatwas anderer Autoritäten waren immerhin schon so weit gegangen Alten und Kranken zu erlauben nicht am Freitagsgebet teilzunehmen.
Noch weiter geht der kurdische Fatwarat aber in einem weiteren Punkt. Er kündigte an jedem durch Corona Gestorbenen den Rang eines Märtyrers zu verleihen. Eine Begründung dafür wird zumindest in diesem Artikel nicht wieder gegeben.
Schlagworte: Corona, Virus, Freitagsgebet, Epidemie, Märtyrer, Oberster Fatwarat, Kurdische Union islamischer Gelehrter, Irak