Die aktuelle Fatwa: April 2016
24.04.2016
Darul Ifta Birmingham: What to do if steering wheel is made out of pigs skins
Manche Fragen muten seltsam an, werfen aber doch grundsätzliche Probleme auf. In diesem Fall geht es um ein Lenkrad aus Schweineleder.
Der Mufti schildert zunächst den Vorgang des Gerbens. Dieser macht zumindest nach hanafitischer Lehrmeinung Unreines rein (tahir). Allerdings nimmt er davon gerade Schweineleder aus. Das in der Antwort nicht genannte Konzept ist die Veränderung (Istihala). Liegt sie vor, kann sie diverse verarbeitete Produkte erlaubt bzw. rein machen.
Nicht ganz klar aus der Antwort geht auch die Unterscheidung zwischen Leder und Veloursleder bzw. Außen- und Innenhaut hervor. Das dürfte an weiteren Differenzierungen zum Grund des Verbotes, also in diesem Fall das Fleisch des Schweines, anknüpfen. Die Außenhaut berührt es nicht unmittelbar und deshalb dürfte sie vom Mufti noch erlaubt worden sein. An dieser Stelle hätte man sich deutlich mehr Ausführungen gewünscht.
Im Unterschied zur rechtlichen Aufarbeitung sind die abschließenden Hinweise sehr klar und praktisch. Er rät dem Fragesteller nämlich im Falle, dass es sich um verbotenes Leder handelt, es zu überdecken oder das Lenkrad austauschen zu lassen.
Schlagworte: Schwein, Leder, Veränderung, Lenkrad, Deobandi
17.04.2016
Islam - Q & A: What is the ruling on family planning and temporarily using contraceptives to space children in order to give them a proper upbringing, or for other reasons?
Diese Fatwa setzt sich sehr umfangreich in Frage und Antwort mit der Empfängnisverhütung auseinander. Der Fragesteller möchte wissen, ob es eine Pflicht gibt ohne Unterlass Kinder zu zeugen. Dem tritt die Antwort zunächst sehr deutlich entgegen. In der Tat ist nach der herrschenden Meinung im islamischen Recht die Empfängnisverhütung grundsätzlich erlaubt. Hierfür bildet der Mufti eine Analogie zum Coitus interruptus ('Azl), der schon zu Zeiten Muhammads praktiziert wurde und durch den Koran nicht verboten wurde. Allerdings kommt er sodann zu dem Schluss, dass die Zeugung vieler Kinder zwar keine Pflicht, aber empfohlen sei.
Interessant sind die aufgeführten Ausschlussgründe, die die Empfängnisverhütung nach Auffassung des Muftis verboten machen. Dazu zählt u. A. der Fall, wenn die Empfängnisverhütung in der islamischen Gemeinde weit verbreitet ist. Ausgeschlossen sei die Empfängnisverhütung ferner bei (bloßer) Furcht die Kinder nicht versorgen zu können oder wenn ein Ehegatte keine Kinder will. Die Nachahmung von Nichtmuslimen mache die Empfängnisverhütung ebenso verboten. Und schließlich verbietet der Mufti die Sterilisation. Diese Ausschlussgründe dürften unter islamischen Juristen nicht unumstritten sein. Gleichwohl lassen auch diese Ausschlussgründe noch einige Möglichkeiten offen, wenn ein anderes individuelles Bedürfnis (Hadscha) vorliegt.
Schlagworte: Empfängnisverhütung, Coitus interruptus, Zeugung, Bedürfnis, Wahhabiten
10.04.2016
Islamweb: Repetition of zina not condition to implement the hadd
Auch das islamische Recht kennt Zweifelsregeln. Damit setzt sich diese Fatwa am Beispiel der Unzucht (Zina) auseinander. Das ist in diesem Fall besonders wichtig, da für verheiratete Volljährige die Todesstrafe droht. Die Fatwa gibt dazu verschiedene Lehrmeinungen wieder. Nach hanafitischer Lehrmeinung sind vier Geständnisse des Täters für eine Bestrafung erforderlich. Das dürfte an das Erfordernis von vier Zeugen anknüpfen. Ansonsten sind in der Regel nur zwei Zeugen erforderlich. Damit liegen die Beweisanforderungen recht hoch.
Nach schafiitischer und malikitischer Lehrmeinung ist zwar ein Geständnis ausreichend, aber auch sie fordern eine Aufklärung des Verbrechens. Im Ergebnis gebietet daher auch nach ihrer Auffassung die Vorsicht bei Zweifeln von der Bestrafung abzusehen. Man mag also die Leibesstrafen zu Recht verurteilen, man sollte aber auch beachten, dass die richtige Anwendung dieser und weiterer Beweisregeln eine Bestrafung vielfach ausschließen wird.
Schlagworte: Strafrecht, Unzucht, Beweis, Geständnis, Zeugen, Zweifel, Hanafiten, Schafiiten, Malikiten
03.04.2016
Dar al-Ifta' al-misriyya: International Media hails Egypt's Grand Mufti speech in the European Parliament
Das ägyptische Staatsmuftiamt ist der einzige namhafte Fatwa-online-Dienst, der sich in mehreren kurzen Presseerklärungen mit den Anschlägen von Brüssel am 22.03.2016 befasst. Der Staatsmufti hatte just Belgien besucht und eine Rede vor dem Europäischem Parlament in Straßburg gehalten.
Als Lösung zum Kampf gegen den Terrorismus schlägt er eine stärkere internationale Zusammenarbeit und bessere (religiöse) Bildung vor. Herausgestellt wird ferner der Satz des Staatsmuftis: "Terrorism has no borders; it is a cancer that must be extirpated."
Schlagworte: Brüssel, Anschlag, Europäisches Parlament, Staatsmuftiamt, Ägypten