Die aktuelle Fatwa: Mai 2015
28.05.2015
Shafi'i Fiqh: What is the Hukm for wearing clothes, for instance T-shirts with pictures of living creatures on it?
Eine recht strenge schaffiitische Rechtsmeinung zu Bildern gibt diese Fatwa wieder. Der Mufti geht von einem grundsätzlichen Bilderverbot aus und zitiert zum Beleg eine Überlieferung von Muhammad. Nach einem bedeutenden schafiitischen Gelehrten sei das Verbot allerdings auf die Abbildung von Lebewesen begrenzt. Nach einer weiteren Überlieferung Muhammads gibt es allerdings wiederrum eine Ausnahme für Kinderspielzeug.
Danach zitiert der Mufti zwei weitere Gelehrte nach deren Meinung das Bild erlaubt sei, wenn es als Markenzeichen verwendet wird. Man kann an dieser Fatwa zweierlei erkennen. Zwar gab es nach der herrschenden Meinung im klassischen islamischen Recht kein Bilderverbot. Es gab aber sehr wohl bereits früher davon abweichende Meinungen. Allerdings werden, auch wenn von einem Verbot ausgegangen wird, davon wiederrum Ausnahmen formuliert.
Schlagworte: Bilder, Lebewesen, Spielzeug, Markenzeichen, Schafiiten
18.05.2015
Rediff News: Pakistan clerics declare suicide attacks 'un-Islamic'
Eine bedeutende Fatwa haben nach dieser Pressemeldung zahlreiche Gelehrte in Pakistan erlassen. Die Fatwa verbietet nämlich Selbstmordattentate. Das entspricht der absolut herrschenden Meinung im klassischen islamischen Recht. Die Gelehrten attestieren in der Fatwa einigen namentlich genannten islamistischen Organisationen mangelnde Kenntnisse des Islam. Insbesondere soll der Dschihadismus die islamrechtlichen Bedingungen für einen Dschihad verkennen. Im Ergebnis betrachten die Muftis das als verbotene Gewalt/Aufruhr (Fasad).
Im Artikel kurz angesprochen wird der Widerstand der Taliban gegen die Polio-Schluckimpfung, der bereits Tote kostete, obwohl schon vorher Fatwas erteilt wurden, die die Impfung erlauben.
Leider unklar bleibt wer diese Fatwa erlassen haben soll. Der Name des Organisators der Konferenz aus der die Fatwa hervorgegangen ist, spricht für einen sufischen Hintergrund. Das würde passen, denn die spirituelle Sicht der Sufis ist in der Regel friedlich orientiert. Kollektive Fatwas, die von dermaßen vielen Muftis (über 200) getragen werden, wurden bislang vom pakistanischen Rat islamischer Gelehrter (Pakistan Ulema Council) erlassen. Es handelt sich hierbei um eine Dachorganisation, die Gelehrte verschiedener Konfessionen und Lehrmeinungen umfasst.
Schlagworte: Selbstmordattentat, Dschihad, Gewalt, Aufruhr, Taliban, Polio, Impfung, Pakistan
11.05.2015
OnIslam: Is Celebrating Mother’s Day Islamic?
Immer wieder beliebt sind Fragen, ob Muslimen erlaubt ist nichtmuslimische Feste zu begehen. Diesmal geht es um den Muttertag. Die Frage wird gleich von drei sunnitischen Muftis beantwortet.
Alle drei Muftis streichen die hohe Bedeutung der Mutter im Islam heraus und stellen fest, dass sie das ganze Jahr über zu ehren ist. Alle drei kritisieren deshalb folgerichtig die Wertschätzung der Mutter auf einen Tag im Jahr zu beschränken. Sobald es allerdings konkreter um den Muttertag geht, bleiben die Antworten doch recht schwammig. Alle drei Muftis vermeiden den Begriff der unerlaubten Neuerung (Bid'a). Der erste Mufti stellt immerhin dar, dass es hier eine Meinungsverschiedenheit gibt zwischen denjenigen, die ihn für verboten halten und denjenigen, die den Muttertag für erlaubt halten.
Der orthodoxe Mufti Qaradawi meint der Muttertag sei von den Europäern erfunden worden, weil sie festgestellt hätten, dass die Kinder ihre Mütter nicht gut behandelten. Dem stellt er ein islamisches Bild ständiger Wertschätzung der Mütter gegenüber. Ob diese Behauptungen mit der Realität übereinstimmen, kann man in beiden Fällen bezweifeln. Letztendlich sind die Muftis indifferent gegenüber dem Muttertag, den sie zwar nicht verbieten, aber wohl für überflüssig halten, da die Mütter aus islamischer Sicht das ganze Jahr über zu ehren sind.
Schlagworte: Muttertag, Neuerung, Europäer
04.05.2015
Islam - Question & Answer: Rulings and issues for a husband who discovered a romantic relationship between his wife and another man
Ein klassisches Rollenverständnis wird in dieser wahhabitischen Fatwa zementiert, in der es um zahlreiche Fragen zu einer geplanten Scheidung geht. Die Frage nimmt ihren Ausgangspunkt daher, dass der Fragesteller entdeckt hat, dass seine Frau eine Beziehung zu einem anderen Mann pflegt.
Ein Großteil der Antwort befasst sich mit der Brautgabe (Mahr). Denn grundsätzlich steht der Frau die Brautgabe zu, wenn sich der Mann scheiden (Talaq) lässt. Das kann den Mann hindern eine Scheidung auszusprechen, insbesondere wenn die Brautgabe erst bei Scheidung fällig ist. Ein Anspruch auf die Brautgabe kann entfallen oder geringer ausfallen, wenn die Frau die Scheidung (Khul') verlangt.
Ein Großteil dieses Abschnitts befasst sich wiederrum mit der Unzucht (Zina) der Frau. Im Grunde zutreffend unterscheidet die Fatwa zwischen der strafrechtlichen Einordnung der Unzucht und den zivilrechtlichen Konsequenzen. Der Mann teilt auch keine dermaßen weitgehenden Informationen mit, die ausreichen würden die strafrechtlichen Beweisanforderungen zu erfüllen. Im Verlauf der Auseinandersetzung mit dieser Frage wird der überaus bedeutsame hanbalitische Gelehrte Ibn Taymiyya zitiert, der die Auffassung vertritt, dass selbst in der Begehung von Unzucht kein Verzicht auf die Brautgabe liege, der aber gleichwohl erlaubt die Frau mit der Unzucht so unter Druck zu setzen, dass sie auf die Brautgabe verzichtet. Die strafrechtliche Unzucht zieht danach also doch zivilrechtliche Konsequenzen nach sich.
Bezüglich des Sorgerechts gibt der Mufti zunächst die klassische Lehrmeinung wieder, wonach bei kleineren Kindern grundsätzlich der Mutter das Sorgerecht zusteht. Allerdings macht er sodann auch hier Einschränkungen in Bezug auf das unsittliche Verhalten der Frau, das dazu führen könne, dass der Mutter das Sorgrecht entzogen wird.
Weiterhin stellt der Mufti fest, dass es sich nicht um Diebstahl (Sariqa) handelt, solange die Frau Geld des Mannes eigenständig nimmt, um den Haushalt zu führen und die Familie zu versorgen. Auch die aktuelle Schwangerschaft der Frau steht einer Scheidung nach dem islamischen Recht nicht entgegen.
Schließlich schließt sich der Mufti in der umstrittenen Frage, ob der Mann eine Scheidung in einem Moment dreimal hintereinander aussprechen darf, der besser begründeten Auffassung an, die das nicht erlaubt und erläutert die entsprechenden Konsequenzen.
Schlagworte: Familienrecht, Strafrecht, Scheidung, Unzucht, Brautgabe, Sorgerecht, Schwangerschaft, Diebstahl, Wahhabiten