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Die aktuelle Fatwa: Mai 2016

31.05.2016

Islamweb: Husband's rights after divorce regarding what he spent on his wife

Eine weitere Fatwa, die belegt, dass auch Ehemänner gehörig unter Druck geraten können, liefert dieser sunnitische Fatwa-Online-Dienst. Der Fragesteller lieferte hier seinen gesamten Verdienst bei der Ehefrau zum Zwecke der Einrichtung und Gestaltung des gemeinsamen Heimes ab. Dabei stand der Vater der Frau mehr oder weniger freiwillig hinter ihr und half dabei ihre Wünsche durchzusetzen. Gleichzeitig behandelte sie ihren Ehemann respektlos. Unvermittelt ist sodann von einem Selbstmordversuch die Rede. Laut Angaben des Fragestellers hat seine Frau sodann ihren Vater mit der Ankündigung unter Druck gesetzt, sie würde einen weiteren Selbstmordversuch unternehmen, wenn sie nicht geschieden würde. Daraufhin drohte der Schwiegervater ihm Rache an, falls ihr etwas zustoßen würde. Das veranlasste den Fragesteller die Scheidung dreimal auszusprechen. Der Fragesteller möchte nun insbesondere wissen, ob er Ausgaben für die Reise der Frau zur Ehewohnung und die Krankheitskosten heraus verlangen kann.
Der Mufti gibt zunächst mit Koranzitaten untermauert das klassische islamische Rollenverständnis wieder. Danach ist der Mann verpflichtet für den Unterhalt seiner Ehefrau zu sorgen. Im Gegenzug hat sie ihm zu gehorchen und ihn zu respektieren. Der Mufti stellt fest, dass das hier nicht der Fall ist.
Sodann stellt er fest, dass nur angemessener Unterhalt geschuldet ist. Das ist hier sicher überschritten, allerdings thematisiert der Mufti nicht das Maß des Unterhalts bzw. die Höhe der Überzahlung.
Weiterhin schließt er die Rückforderung der Reisekosten mit einem Zitat eines wahhabitschen Gelehrten aus. Was die Krankheitskosten angeht, meint er, dass die herrschende Meinung im islamischen Recht sie nicht zum Unterhalt zähle. Davon gibt es allerdings eine Ausnahme, nämlich wenn es sich um eine Schenkung handelt. Im Einklang mit den Grundsätzen des islamischen Rechts verlegt der Mufti nun den Schwerpunkt des Problems in das Beweisrecht. Der Ehemann muss nämlich entweder Zeugen dafür beibringen, dass es sich um keine Schenkung handelt, oder es beschwören. Da der Mufti allerdings beim Fragesteller keine Absicht sieht das für die Krankheiten ausgegebene Geld zurück fordern zu wollen, verneint er auch diesen Anspruch.
Der Ehemann hat also allenfalls einen Anspruch auf Rückzahlung des noch unbezifferten überzahlten Unterhaltes, aber auch an dieser Stelle der Fatwa findet sich eine Wendung des Muftis, die andeutet, dass es sich hier ebenfalls um nicht rückforderbare Schenkungen handeln könnte. Die eigentliche Überraschung dieser Fatwa ist also nicht ein Lebenssachverhalt, der belegt, dass auch Ehemänner gehörig unter Druck geraten können, sondern, dass nach der Rechtsauffassung des Muftis dieser Sachverhalt möglicherweise komplett vom islamischen Recht gedeckt ist.
Abschließend darf selbstverständlich nicht die Feststellung fehlen, dass Selbstmord nach der herrschenden Meinung im islamischen Recht verboten ist. Die Frage, ob die Drohung damit die Scheidung unwirksam macht, lässt der Mufti allerdings wiederrum offen. Gar nicht thematisiert er, ob die dreimal unmittelbar hintereinander ausgesprochene Scheidung wirksam ist.

Schlagworte: Familienrecht, Scheidung, Unterhalt, Reisekosten, Krankheitskosten, Schenkung, Eid, Zeugen

22.05.2016

Council of Ulamaa Eastern Cape: Divorce by Force

Ein interessanter Sachverhalt wird in dieser Frage geschildert. Es handelt sich um einen Mann, der erheblichem Druck durch die Familie seiner Ehefrau ausgesetzt war. Anlass war ein letztlich harmloses Geschwür, das die Verwandten zunächst für Krebs hielten. In diesem Zusammenhang drohten die Verwandten u. a. an die Brautgabe (Mahr) heraus zu klagen.
Als sich aufgeklärt hatte, dass es sich nicht um Krebs gehandelt hatte, näherten die Parteien sich zunächst wieder an und der Mann und seine Familie akzeptierten einige Bedingungen zur Fortsetzung der Ehe. Doch die Familie der Ehefrau wollte letztlich doch die Scheidung und drohte wiederrum an die Brautgabe heraus zu klagen. Der Fragesteller befürchtete sogar verletzt zu werden. So unterschrieb er ein Scheidungspapier.
Dieser Sachverhalt zeigt, dass auch Männer in Ehefragen erheblichem Druck ausgesetzt sein können und wie groß die Rolle der Familien bei einer Ehe sein kann. Dabei begünstigt das islamische Recht, das die Ehe als zivilrechtlichen Vertrag ausgestaltet hat, einen großen Einfluss wirtschaftlicher Fragen, wie man in diesem Fall sehen kann.
Der hanafitische Fatwa-Online-Dienst aus Südafrika geht in seiner Antwort nicht darauf ein, ob der durch die Familie der ausgeübte Druck gerechtfertigt sein könnte. Dabei wird diskutiert, dass Krankheiten des Mannes einen Scheidungsgrund für die Frau darstellen können. In diesem Fall wird die Krankheit wohl nicht ausreichend sein, da er zwar ein Geschwür hatte, sich aber herausstellte, dass es sich nicht um Krebs gehandelt hatte. Stattdessen stellt der Mufti auf den fehlenden Scheidungswillen (Niya) ab, der in der nötigenden Situation begründet ist.
Allerdings kann man der Antwort entnehmen, dass der Mufti den dreimaligen Ausspruch der Scheidung in einem Augenblick mit der wohl herrschenden Meinung für nicht zulässig hält, denn er rät aus Vorsicht diesen einmaligen Ausspruch zurück zu nehmen.
Nicht näher begründet wird allerdings wiederum die Auffassung des Muftis, dass er seine Frau auch wieder bekommen könne, wenn die Wartezeit (Idda) bereits abgelaufen ist. Er könne dann einen neuen Ehevertrag mit ihr schließen. Das widerspricht dem Verbot einer Wiederheirat mit derselben Frau, solange sie nicht zwischenzeitlich mit einem anderen Mann verheiratet war. Man muss annehmen, dass der Mufti diese Ausnahme mit der nötigenden Situation begründet, durch die die Scheidung zustande kam. Es wäre konsequenter gewesen die Scheidung deshalb für unwirksam zu halten. Dann ist auch kein neuer Ehevertrag notwendig.

Schlagworte: Familienrecht, Ehevertrag, Brautgabe, Scheidung, Absicht, Hanafiten

16.05.2016

Dar al-Ifta al-misriyya: Personification of the Prophets and Messengers in movies

In dieser lesenswerten Fatwa befasst sich das ägyptische Staatsmuftiamt mit der Darstellung von Propheten in Filmen. Zunächst stellt es klar, dass das islamische Recht jedenfalls nach herrschender Meinung diverse künstlerische Tätigkeiten grundsätzlich erlaubt. Dazu zählt auch Schauspielerei.
Diese Freiheiten finden ihre Schranken lediglich in den Bestimmungen des islamischen Rechts, also nach deutscher juristischer Terminologie in den allgemeinen Gesetzen. Ein solches gewissermaßen allgemeines Gesetz glaubt das Staatsmuftiamt in einer Überlieferung von Muhammad erkennen zu können. Danach sei der Teufel nicht in der Lage ihn zu verkörpern und daher jede Erscheinung von Muhammad im Traum echt.
Das Amt sieht hier vor allem die Gefahr, dass uninformierte Künstler durch falsche und/oder überflüssige Informationen das Bild Muhammads verfälschen würden. Insofern ist nicht nachvollziehbar, weshalb das Amt die Darstellung beispielsweise nicht mit entsprechender theologischer Beratung erlaubt. Schließlich verbietet es auch nur die Verkörperung Muhammads, befürwortet allerdings die filmische Verbreitung von Informationen, die die Größe der Propheten hervorstreichen. Das ist in der Tat eine kreative Herausforderung.

Schlagworte: Film, Muhammad, Staatsmuftiamt, Ägypten

10.05.2016

The Office of the Supreme Leader: Using white alcohol

Auch Großayatollah Khamenei veröffentlicht seit kurzem über seine Website (wieder) aktuelle Fatwas, die in der Regel sehr kurz ausfallen. Etwas länger ist diese Fatwa zu medizinischem Alkohol.
Heftig umstritten ist dabei die Frage, ob Alkohol rituell rein (tahir) ist. Er schließt sich der wohl überwiegenden Ansicht an, die ihn für rein hält. Das bedeutet, dass man Alkohol zwar nicht konsumieren darf, weil er rechtlich verboten (haram) ist, aber äußerlich anwenden darf (beispielsweise als Parfum).
Das gelte seiner Meinung nach allerdings nicht, wenn der Alkohol im Ursprung (Asl) flüssig war. Diese Argumentation ist anfechtbar, denn natürlicher Alkohol wird regelmäßig aus an sich erlaubten Früchten, wie beispielsweise Trauben, hergestellt (vgl. Matthias Brückner: Fatwas zum Alkohol unter dem Einfluss neuer Medien im 20. Jhdt., Würzburg 2001, S. 87f.). So macht Khamenei abschließend wohl auch wieder eine Ausnahme von der zuvor selbst aufgestellten Regel. Auch wenn er flüssigen Alkohol für unrein (nadschis) hält, so soll seine Anwendung für medizinische Zwecke gleichwohl erlaubt sein. Insgesamt weist die Fatwa trotz ihrer Kürze also eine gewisse Komplexität auf.

Schlagworte: Alkohol, Medizin, Reinheit, Ursprung, Khamenei

03.05.2016

Darul Uloom Deoband: Talaq (Divorce)

Das Darul Uloom Deoband, eine bedeutende islamische Universität in Indien, veröffentlicht seit kurzem wieder zunehmend aktuellere Fatwas. Sie orientiert sich an klassischen hanafitischen Auffassungen.
In dieser Fatwa geht es darum, ob eine Scheidung bereits bewirkt wurde. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Frau ist vor über sechs Monaten aus der gemeinsamen ehelichen Wohnung ausgezogen und hat dabei ihren Scheidungswillen erklärt. Die Scheidungspapiere sind ebenfalls bereits vorbereitet, aber nicht erteilt worden.
Sowohl in der Frage als auch in der Antwort wird nur das dem Ehemann zustehende Scheidungsrecht (Talaq) thematisiert. Insofern sind der Wille und die Handlungen der Frau in der Tat rechtlich unbeachtlich und eine Scheidung ist noch nicht bewirkt worden.
Es ist allerdings überraschend, dass der Mufti einige naheliegende Aspekte nicht anspricht. Der erhebliche Zeitraum seit Auszug der Frau lässt an die Wartezeit (Idda) denken, die in der Regel drei Monate beträgt. Diese beginnt allerdings gerade erst nach Ausspruch der Scheidung zu laufen und bewirkt nicht ihrerseits eine Scheidung.
Ferner hätte nahe gelegen sich mit dem Scheidungsrecht der Ehefrau zu befassen, zumal dort als mögliche Scheidungsgründe die Nichterfüllung der ehelichen Pflichten durch den Ehemann bzw. eine längere Abwesenheit desselben diskutiert werden. Eine längere Abwesenheit liegt hier immerhin vor, allerdings ist sie möglicherweise nicht vom Willen des Mannes getragen.
Stattdessen fordert der Mufti zweimal dazu auf die Scheidungspapiere vorzulegen. Das könnte allerdings schwierig werden, da die Frage wohl von Seiten der Frau gestellt wurde und sich die Papiere wahrscheinlich im Besitz des Ehemannes befinden.

Schlagworte: Familienrecht, Scheidung, Erklärung, Wille, Wartezeit, Deobandi