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Die aktuelle Fatwa: Juni 2015

25.06.2015

Ask Imam: Can we pay the TDS from the interest money?

In dieser Fatwa geht es darum, ob Steuern mit verzinstem Geld bezahlt werden können. Zunächst einmal hält der Mufti Indien für ein nicht muslimisches Land, was aus historischer Sicht nicht unumstritten sein dürfte. Wichtiger ist allerdings die folgende Feststellung, nämlich dass sich Muslime an die Gesetze nicht muslimischer Länder, in denen sie leben, halten müssen. Der Mufti konstruiert allerdings eine sperrige doppelte Verneinung, die nahe legt, dass Muslime nur solche Gesetze befolgen müssen, die im Einklang mit dem Islam stehen. Ob er das tatsächlich meint, bleibt unklar, da er die Steuer später als überzogen und unfair bezeichnet. Demnach wäre sie nicht islamkonform und man müsste sie nicht zahlen. Auch der letzte Satz der Fatwa deutet eher darauf hin, dass sich Muslime an alle Gesetze nicht muslimischer Staaten halten müssen.
Was die eigentliche Frage angeht, so meint er, dass man die Steuern mit dem verzinsten Geld zahlen könne. Dazu beruft er sich auf nicht namentlich genannte gegenwärtige Juristen. Aufgrund des islamischen Zins- bzw. Wucherverbots ist das allerdings nicht unumstritten und es werden auch Meinungen vertreten, dass das Geld verboten sei und man sich dessen auf anderem Wege entledigen müsse, nämlich durch Spenden.

Schlagworte: staatliches Recht, islamisches Recht, Steuer, Zins, Wucher, Hanafiten

18.06.2015

OnIslam: Is Using Condom Allowed in Islam?

Diese Fatwa befasst sich mit Empfängnisverhütung und insbesondere mit Kondomen. Der Mufti erlaubt die Benutzung von Kondomen, was der herrschenden Lehre im islamischen Recht entspricht und somit nichts Neues ist. Man kann an dieser Fatwa erkennen, dass darüber ein Konsens (Idschma) weit in den streng sunnitischen Bereich hinein besteht.
Die Vorrede stellt die Benutzung von Kondomen zwar noch unter die Bedingung der Notwendigkeit (Darura), davon ist aber in der eigentlichen Fatwa nicht mehr die Rede. Der Mufti fordert nur noch gültige Gründe für die Empfängnisverhütung.
Interessant ist die Rückführung darauf, dass der Coitus interruptus ('Azl) bereits zu Muhammads Zeiten praktiziert wurde und durch den Koran nicht verboten wurde. Die Erlaubtheit moderner Methoden der Empfängnisverhütung beruht nun auf einer Analogie (Qiyas) zum Coitus interruptus. Der Mufti meint weiterhin, dass die Benutzung von Kondomen durch Vereinbarung unter den Ehegatten geregelt werde. Hier wird aber auch die Meinung vertreten, dass die Frau als Quelle der Schöpfung über die Benutzung von Kondomen entscheide.

Schlagworte: Empfängnisverhütung, Kondom, Coitus interruptus

11.06.2015

Islam - Q & A: She has repented from apostasy; does she have to make up the prayers and fasts that she missed when she was an apostate?

In dieser Fatwa geht es um eine Frau, die sich möglicherweise vom islamischen Glauben abgekehrt hat, aber zurückgekehrt ist. Sie fragt nun, ob sie Gebete und das Fasten nachholen muss.
Der wahhabitische Mufti nimmt zunächst ausführlich die Gelegenheit wahr, um auf die Barmherzigkeit Gottes hinzuweisen und dass er die Reue (Tauba) der Fragestellerin annimmt. Damit ist eine eventuelle Strafbarkeit wegen Apostasie hinfällig.
Erst danach befasst sich der Mufti mit der Frage, ob überhaupt Apostasie vorliegt, denn der geschilderte Sachverhalt ist keineswegs eindeutig. So schildert die Frau zwar, dass sie sich einer anderen Religion zugewandt hatte, aber auch, dass sie in dieser Zeit gleichwohl das Fasten im Ramadan praktiziert hatte. Der Mufti hält das allerdings gleichwohl für ausreichend, um einen Abfall vom Islam zu bejahen. Diese Feststellung ist wichtig, weil nach seiner ausführlich belegten Auffassung sämtliche Glaubenshandlungen eines Ungläubigen nicht akzeptiert werden. Damit ist das Fasten der Frau in der Zeit ihrer Ungläubigkeit religiös-rechtlich irrelevant.
Man könnte also nun auf den Gedanken kommen, und darauf zielte die Frage ab, dass das Fasten nachgeholt werden muss. Das verneint der Mufti allerdings, da die Reue eben alles Vorangegangene nichtig macht. Das ist konsequent. Die Fatwa zeigt letztlich die Funktion zweier rechtlicher Fiktionen, die sich in diesem Fall gegenseitig aufheben. Zunächst wird aufgrund der Ungläubigkeit die Nichtexistenz von Glaubensakten fingiert. Dann wird aufgrund der Reue die Nichtexistenz der ungläubigen Phase fingiert.

Schlagworte: Apostasie, Reue, Fasten, Fiktion, Wahhabiten

04.06.2015

Dar al-Ifta' al-misriyya: I am a new female convert to Islam, is it wrong to post my photos on Facebook?

Eine Frau fragt, ob sie Fotos von sich mit Kopftuch in das Internet einstellen darf. Diese Frage veranlasst das ägyptische Staatsmuftiamt zu einer bemerkenswerten weit über das Kopftuch hinausreichenden Antwort. Schon der erste Absatz hat es in sich. Ausgiebig werden gängige frauenfeindliche Argumentationsmuster aufgezählt, die das Verschließen der Frauen zuhause und ihre Überwachung begründen sollen, nur um sie allesamt als Wahnideen zurück zu weisen.
In diesem Stil geht es weiter. Wo sonst in islamischen Zusammenhängen gerne von der Gleichwertigkeit der Geschlechter die Rede ist, die eben gerade keine gleichen Rechte beinhaltet, spricht die Fatwa explizit von gleichen Rechten. In diesem Zusammenhang wird auf das Erbrecht der Frau hingewiesen. Und das dürfte die eine Schwäche der Fatwa sein, denn Frauen steht nach der absolut herrschenden Meinung im islamischen Recht kein gleicher Erbteil zu, was weder erwähnt noch erklärt wird. Fortgefahren wird mit dem Wahlrecht und dem Recht auf auch politisch führende Positionen. Danach folgt ein Hinweis auf die aktive Rolle der Frauen in der Zivilgesellschaft. Das kann man als Fingerzeig des Staatsmuftiamtes zur aktuellen innenpolitischen Situation Ägyptens verstehen.
Sodann wird die Fehlinterpretation einer Überlieferung von Muhammad durch Extremisten aufgespießt, wonach Frauen die gefährlichste Versuchung (Fitna) für Männer sind. Der Annahme, dass die Versuchung bei den Frauen liege, wird zunächst mit dem Argument entgegen getreten, dass sie im männlichen Denken liege. Sodann verweist der Mufti überzeugend auf die Herkunft und Bedeutung des arabischen Begriffes Fitna (Versuchung). Danach handelt es sich eher um einen Vorgang als um eine Eigenschaft einer Person oder eines Objektes. Zur Unterstützung dieser Argumentation werden schließlich zwei Koranverse zitiert, die zahlreiche andere Quellen der Versuchung aufzählen.
Abgeschlossen wird die Fatwa mit einem Vergleich zu den sieben christlichen Todsünden, die allesamt aufgezählt werden. Der gedankliche Weg von der Rachsucht zu den zahlreichen Todesurteilen gegen Oppositionelle in Ägypten ist recht kurz. Das ägyptische Staatsmuftiamt liefert damit eine argumentativ und theologisch-moralisch starke Fatwa in einer sehr schwierigen Zeit ab.

Schlagworte: Frauenrechte, Kopftuch, Bild, Internet, Gleichheit, Erbrecht, Wahlrecht, Zivilgesellschaft, Versuchung, Todsünde, Staatsmuftiamt, Ägypten