Die aktuelle Fatwa Cyberfatwa Publikationen zum Fatwawesen Personenverzeichnis Statistik zu Fatwas über Alkohol und neue Medien Verzeichnis der Signaturen der Fatwaanbieter Cyberislam News Impressum, Haftungshinweis und Datenschutzerklärung

Die aktuelle Fatwa: Juli 2015

30.07.2015

Shafi'i Fiqh: About the requirements to place wives in the same home, what would make this permissible? Is there some way it would be permissible without their permission?

Diese Fatwa zeigt aus der Sicht der schafiitischen Rechtsschule welche hohen Anforderungen erfüllt werden müssen, um auch nur zwei Ehefrauen räumlich zu versorgen. All diese Regelungen dienen dazu Streit und Zwietracht zu vermeiden. Die Fatwa befasst sich hauptsächlich mit der Frage wie Wohnraum (Iskan) zu definieren ist. Der Mufti führt dessen Bestimmung auf den Brauch ('Urf) zurück. Es handelt sich also einerseits um bindendes Gewohnheitsrecht, andererseits können sich Bräuche ändern oder je nach Ort unterschiedlich sein. Es ist also relativ flexibles Recht.
Der Mufti führt zunächst das Beispiel eines Hauses mit zwei Stockwerken an, das dann ausreichend sei, wenn die Wohnräume ausreichend getrennt sind. Ferner vertritt er die Meinung, dass ein eigener Zugang zum Dach in den städtischen Außenbezirken Amerikas heutzutage nicht mehr erforderlich sei. Damit liefert er selbst ein anschauliches Beispiel dafür wie Bräuche nach Ort und Zeit verschieden sein können.

Schlagworte: Familienrecht, Polygamie, Brauch, Wohnraum, Schafiiten

23.07.2015

Islamweb: Her husband fornicates, lies and denies her right to childbirth

Diese Frage belegt eindrucksvoll, dass Polygamie noch praktiziert wird und zu welchen Verwicklungen sie führen kann. Die Fragestellerin glaubte, dass sie die zweite Frau ihres Mannes sei. Tatsächlich stellte sich heraus, dass sie die dritte Frau ist. Die erste Frau trennte sich von ihm, weil er eine weitere außereheliche Beziehung führte. Obwohl er diese Beziehung zunächst verleugnete, führte er sie in der Folgezeit immer offener weiter. In dieser Situation brachte die Fragestellerin ein Kind zur Welt. Gleichwohl wünscht sie sich die Zeugung weiterer Kinder, was ihr Mann verweigert.
Der sunnitische Mufti missbilligt zwar zunächst deutlich die durch den Mann begangene Unzucht, geht aber nicht näher auf die strafrechtlichen Folgen ein. Dann stellt er klar, dass das Recht auf Nachwuchs beiden Ehegatten zusteht, also auch der Frau. Auch die Tatsache, dass er bereits mehrere Kinder von anderen Frauen hat, ist keine Rechtfertigung der Fragestellerin weitere eigene Kinder vorzuenthalten. Das ist bedeutsam, denn üblicherweise wird die Zeugungsunfähigkeit des Mannes als Scheidungsgrund für die Frau angesehen. Der Mufti dehnt das nun auf die hier in Rede stehende Zeugunsunwilligjkeit aus und billigt der Frau auch aus diesem Grund ein Recht auf Scheidung zu. Auch die begangene Unzucht ist ein Scheidungsgrund. Und zuletzt deutet der Mufti an, dass die Ungleichbehandlung der Frauen möglicherweise ebenso zur Scheidung berechtigen kann.
Gleichwohl rät der Mufti eine Scheidung sorgsam zu bedenken, gerade im Hinblick auf die gemeinsame Tochter. Dahinter mag stehen, dass das islamische Recht dem Vater eine recht starke Rechtsstellung im Bereich des Sorgerechts einräumt.

Schlagworte: Familienrecht, Strafrecht, Unzucht, Scheidung, Polygamie, Zeugungsunfähigkeit, Zeugungsunwilligkeit, Sorgerecht

16.07.2015

Darul Ifta Birmingham: Can a pharmacists supply unlawful medicines to its customers

Diese Fatwa befasst sich mit den Bedingungen für Medizin, die verbotene Inhaltsstoffe enthält. In den meisten Fällen wird es sich dabei um Alkohol handeln. Die Fatwa erwähnt zwar verschiedene Kategorien wie verboten (haram) und unrein (nadschis), nimmt aber letztlich keine saubere Unterscheidung der Begriffe vor. Tatsächlich sieht die herrschende Meinung Alkohol zwar als verboten an, aber schon die rituelle Reinheit von Alkohol ist zumindest umstritten (vgl. Matthias Brückner: Fatwas zum Alkohol unter dem Einfluss neuer Medien im 20. Jhdt., Würzburg 2001, S. 87f..). Sofern man Alkohol als rituell rein ansieht, ist die äußerlich Anwendung schon deshalb erlaubt.
Stattdessen befasst sich der Mufti hauptsächlich mit der Notwendigkeit (Darura). Im Falle von Notwendigkeit ist nämlich die Einnahme von Medizin mit verbotenen Inhaltsstoffen ebenso erlaubt. Für den Eintritt der Notwendigkeit listet er einige recht strenge Bedingungen auf, u. a. Lebensgefahr und die Gewissheit, dass die Krankheit durch die an sich verbotene Medizin geheilt werden kann. Auch was die Voraussetzungen der Notwendigkeit angeht, dürfte es abweichende Meinungen geben.
Schließlich beantwortet der Mufti die eigentlich gestellte Frage. Der Fragesteller ist nämlich Apotheker und hat sich Sorgen gemacht, ob er solche Medizin verkaufen darf. Der Mufti rät ihm nun in den Fällen, in denen es eine gleich wirksame erlaubte Medizin gibt, muslimischen Kunden zu dieser zu raten. Und wenn ein Arzt unerlaubte Medizin verschrieben hat, dürfe er sie auch verkaufen, denn er sei nicht für das Handeln des Arztes verantwortlich. Hierzu werden durchaus strengere Meinungen vertreten, die Muslimen anderen oder sogar jeglichen Umgang mit verbotenen Stoffen verbieten.

Schlagworte: Medizin, Alkohol, Reinheit, Notwendigkeit, Verkauf, Deobandi

09.07.2015

eShaykh: Sex slaves in Islam

Dieser sufisch orientierte Fatwa-Online-Dienst befasst sich mit Frage nach erzwungenem Geschlechtsverkehr mit Sklavinnen. Der Mufti gibt zunächst Regeln des klassischen islamischen Rechts wieder nach denen der Geschlechtsverkehr erlaubt, aber eine Vergewaltigung verboten ist. Danach geht er auf Regeln ein, nach denen Sklaven gut zu behandeln sind. Hier war das islamische Recht in der Tat milder.
Der dann folgende Vergleich mit der härteren europäischen und amerikanischen Form der Sklaverei dient gleichwohl nicht der Rechtsfindung im Hinblick auf die gestellte Frage. Erst recht nicht der Sache dienlich ist der Angriff auf die Aussage eines Orientalisten, wonach die Abschaffung der Sklaverei nicht im Koran und den Überlieferungen von Muhammad angelegt sei. Das ist gerade angesichts der zuvor wieder gegebenen inhaltlichen Regelungen des islamischen Rechts zur Sklaverei nach wie vor gut vertretbar. Tatsächlich geht allerdings die Mehrheit der derzeitigen islamischen Rechtsgelehrten von einer Abschaffung der Sklaverei aus. Es wäre klarer gewesen, hätte sich der Mufti dieser Meinung einfach angeschlossen. Darüber hinaus hätte es den (möglichen) Wandel des islamischen Rechts dokumentiert. Gerade das Fatwawesen ist ein Motor dieses Wandels.
Update 28.08.2015: Auf eine Nachfrage hin wird klar, dass der Mufti keineswegs von der kompletten Abschaffung der Sklaverei ausgeht. Sie ist nämlich seiner Meinung nach unter zwei Bedingungen zulässig: Wenn es einen Khalifen gibt und es sich um Gefangene eines rechtmäßigen Krieges handelt (eShaykh: slaves in Islam). Dadurch erscheint der von ihm gemachte Vorwurf der Scheinheiligkeit gleich in einem ganz anderen Licht.

Schlagworte: Sklaverei, Abschaffung, Geschlechtsverkehr, Vergewaltigung, Menschenwürde

02.07.2015

Libya Herald: Fatwa Council approves Skhirat dialogue but condemns latest Draft

Der libysche Staatsmufti hat sich zu den von den Vereinten Nationen organisierten Friedensverhandlungen für Libyen geäußert. Um diese Fatwa zu verstehen, muss man wissen, dass sich der Staatsmufti auf die Seite der Islamisten geschlagen hat und deshalb bereits vom Parlament abgesetzt wurde. Das hindert ihn allerdings offensichtlich nicht daran seine Rolle weiter wahrzunehmen.
Dass er die Friedensgespräche grundsätzlich für erlaubt hält, ist nicht zu unterschätzen, denn anderenfalls wäre dieser Weg der Konfliktlösung bereits versperrt. Auch in den weiteren Äußerungen findet man einiges Bemerkenswertes. Frieden wird als erstrebenswert anerkannt und dass Muslime (im Hinblick darauf) Fehler machen können. Auch Kontakt und Hilfe durch Nichtmuslime lehnt er nicht grundsätzlich ab, allerdings eine Einmischung in innere Angelegenheiten. Weiterhin stellt er sich hinter ein Urteil des Obersten Gerichtshofs, in dem dieser dem Parlament die Legitimität abspricht. Das ist eine grundätzliche Besonderheit der Lage in Libyen, dass staatliche Organe bzw. ihre Funktionsträger auf die Seite der Islamisten gewechselt sind.

Schlagworte: Friedensverhandlungen, UNSMIL, Nichtmuslime, Staatsmufti, Parlament, Oberster Gerichtshof, Libyen