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Die aktuelle Fatwa: August 2013

29.08.2013

Khabar South Asia: Fatwa-defying woman hailed as a hero

Manchmal wird man von der Realität eingeholt, oder anders ausgedrückt: Lesen Sie bei mir gestern schon die Nachrichten von heute!
Diese aus Indien stammende Fatwa macht die erheblichen Auswirkungen einer Fatwa nicht nur auf das Seelenheil, sondern auch auf das soziale und berufliche Umfeld überdeutlich. Ferner zeigt es die Interaktion zwischen partikularem religiösem Recht und staatlichem Recht. Letzteres konnte ihr allerdings per Gerichtsurteil lediglich die Arbeitsstelle sichern. Für ihre Gesundheit steht die Exekutive in Form der Polizei ein.
Ein weiteres inhaltliches Argument wird von der liberalen Strömung innerhalb der Bohras geliefert. Danach sei Zins verboten worden, weil er zu Armut geführt habe. Die meisten Kunden der umstrittenen Bank seien allerdings Händler. Deshalb sei der Zins ein Anteil ihres Gewinns. Das knüpft an zulässige (gesellschaftsrechtliche) Konstruktionen der Islamic Finance an.
Zu beachten ist, dass es sich bei den Bohras um 7er Schiiten handelt, im Unterschied zu den 12er Schiiten u. a. im Iran.

Schlagworte: Arbeitsrecht, Beruf, Bankmanager, Zins, religiöse Rechte, Islamic Finance, Gewinnanteil, Schiiten, Indien

28.08.2013

Ask Imam: Is it permissible for me take a career as an analyst for a company in which there is potential of dealing with interest?

In dieser Frage geht es um die Auswirkungen des Zins- bzw. Wucherverbots auf die Tätigkeit eines Finanzanalysten. Bemerkenswert an der Antwort ist, dass nicht, wie sonst üblich, auf die praktischen vertragsrechtlichen Auswirkungen eingegangen wird, sondern auf die religiösen Folgen für das Seelenheil. Vertragsrechtlich stellt sich hier regelmäßig die Frage, wie direkt der Kontakt mit Zinsen ist und ob daraus ein Verbot dieser Arbeit folgt, weil mit ihr etwas Verbotenes unterstützt wird. Weiterhin stellt sich regelmäßig die Frage, ob der Umfang der Zinsgeschäfte ins Gewicht fällt oder unter bestimmten erlaubten Grenzen bleibt, allenfalls mit der Folge diesen Teil des Einkommens beispielsweise zu spenden.
Auf all diese Aspekte geht der Mufti in dieser Antwort nicht ein. Stattdessen hebt er hervor, dass die Annahme der Verrichtung der religiösen Verpflichtungen und Gebete durch Gott von der Erlaubtheit des Gehalts abhänge. Dabei unterstellt er schlicht, dass jedwede Berührung mit Zinsen verboten ist. Die theologische Brisanz der Antwort fällt dann auf den Mufti zurück, wenn man sich eine andere Einordnung hinsichtlich der Erlaubtheit dieses Berufes vorstellt, was denkbar ist. Denn dann käme man auch zu dem Schluss, dass die Verrichtung der religiösen Verpflichtungen und Gebete von Gott angenommen werden kann. Insofern hat die übliche Schlussformel einer Fatwa ihre Berechtigung, nämlich, dass Gott es am Besten weiß.

Schlagworte: Arbeitsrecht, Beruf, Finanzanalyst, Zins, religiöse Pflichten, Gebet, Hanafiten

21.08.2013

OnIslam: Diyyah (Blood Money) for Killing a Son

Ein tragischer Fall wird in dieser Frage geschildert, nämlich die zufällige Tötung des eigenen Sohnes. Rechtlich geht es im Wesentlichen um die Auflösung widerstreitender Interessen.
Das islamische Strafrecht legt bei einer Tötung die Wahl zwischen Vergeltung, Blutgeld oder Vergebung in die Verfügungsgewalt der Erben des Getöteten. Bei wie in diesem Fall geschilderter enger Verwandtschaft kann es daher zu Kollisionen kommen.
Dabei ist die Rechtsfolge der Vergeltung auf vorsätzliche Taten begrenzt. Da hier allenfalls fahrlässiges Handeln in Betracht kommt, ist die Rechtsfolge auf das Blutgeld begrenzt. Diese beiden Rechtsfolgen stehen regelmäßig im Vordergrund. Aufgrund der besonderen Fallgestaltung erlangt hier die dritte Möglichkeit der Vergebung besondere Bedeutung. Man könnte das auch damit begründen, dass der Vater durch den Unfall schon genug bestraft ist.
Folgerichtig wird er allerdings von den Anspruchsberechtigten ausgeschlossen. Die entscheidungsbefugten Anspruchsberechtigten werden sodann sinnvoll auf die Geschäftsfähigen unter ihnen begrenzt.

Schlagworte: Strafrecht, Tötung, Vorsatz, Fahrlässigkeit, Vergeltung, Blutgeld, Vergebung, Geschäftsfähigkeit

14.08.2013

Islam - Q & A: Ruling on using hairbrushes made out of boar (pig) bristles

Der wahhabitische Fatwa-Online-Dienst Islam - Q & A ist immer wieder ein Garant für interessante und islamrechtlich anspruchsvoll begründete Fatwas. Diese Fatwa zeigt zudem welche Auswirkungen islamische Regeln haben können. Es geht um die rechtliche Einordnung von Haarbürsten, die aus Schweineborsten gefertigt sind.
Hier ist zunächst eine grundsätzliche Differenzierung zu beachten. Diese Fatwa dreht sich bei der rechtlichen Einordnung um die Frage der rituellen Reinheit oder Unreinheit. Davon zu unterscheiden ist die rechtliche Erlaubnis oder das Verbot (des Konsums). So wird beispielsweise hinsichtlich Alkohol häufig die Meinung vertreten, dass sein Konsum verboten ist, er aber rituell rein ist. Das bedeutet, dass die äußere Anwendung eines Parfums auf Alkoholbasis möglich ist.
Gewisse Ähnlichkeiten dazu findet man in dieser Fatwa über Schweineborsten. Dabei ist die Komplexität der Argumentation beachtlich. Weiterhin beachtlich ist, dass der Mufti eine Meinung entgegen der Mehrheit nicht nur der eigenen Rechtsschule, sondern von drei der vier sunnitischen Rechtsschulen vertritt. Die herrschende Meinung verbietet danach die Benutzung solcher Gegenstände komplett oder wenn sie feucht sind, weil die Feuchtigkeit die Unreinheit transportiert.
Nach der (malikitischen) Mindermeinung wird weiterhin zwischen dem Schwein und seinen Produkten unterschieden. Das führt soweit, dass geschnittene Borsten als rein angesehen werden, Gezupfte aber nicht, bzw. jedenfalls nicht was das innere Ende angeht. Ferner wird die Frage berührt, ob das Tier nach den islamischen Regeln geschächtet wurde. Diese betrifft allerdings nur die weitere Frage, ob sein Fleisch verzehrt werden darf, was beim Schwein ohnehin ausgeschlossen ist.
Von einem Tier, das eines natürlichen Todes gestorben ist, darf also das Fleisch nicht verzehrt werden. Dieses Verbot umfasst allerdings nicht andere tierische Produkte. Diese Schlussfolgerung wird sodann auf Schweineborsten übertragen. Hier entscheidet der Mufti explizit, dass die Unreinheit des Schweins nicht auf seine Borsten übertragen wird. Dabei wird weiterhin hinsichtlich des unreinen Speichels des unreinen Schweines bzw. Hundes differenziert.
Schließlich wird als stechendes Argument angeführt, dass auch bei wilden Tieren, die als unrein gelten, die Mehrheit der Gelehrten die Federn und Haare als rein ansieht. Mit hohem argumentativem Aufwand und Augenmaß dämmt der Mufti damit die Möglichkeit ausufernder praktischer Probleme ein.

Schlagworte: Haarbürste, Schweineborsten, Reinheit, Feuchtigkeit, Schächtung, Speichel, Hund, Wildtiere, Federn, Wahhabiten

07.08.2013

Islam - Q & A: Should he break his fast following the broadcast adhaan or the muezzin who is close by?

Ein Beispiel welchen Einfluss neue Medien sogar auf rituelle Regeln haben, findet man in dieser Fatwa. Es geht um das Fastenbrechen im Ramadan. Der Mufti stellt zunächst einmal klar, dass der Grund für die Regel des Fastenbrechens der Sonnenuntergang ist. Offensichtlich orientieren sich allerdings einige Laien aus Vorsicht am Gebetsruf zum Abendgebet. Das ist zunächst eine sehr praktische Handhabung. Diese führt aber zu einem Problem, wenn mehrere Gebetsrufer konkurrieren, hier der lokale Gebetsrufer mit dem Gebetsrufer im Fernsehen. Dass die Ausrichtung des Fastenbrechens nach Letzterem befürwortet wird, ist etwas überraschend, denn hinsichtlich des Fastenbrechens wird häufig die Meinung vertreten, dass es sich nach dem Sonnenuntergang am Aufenthaltsort richtet (z. B. bei Flugreisen). Gleichwohl deutet der letzte Satz der Fatwa die Zugrundelegung dieser Antwort gleich auf mehrere bedeutende Konzepte an, nämlich den Konsens (Idschma'), den Brauch ('Urf) und das Für-Besser-Halten (Istihsan).

Schlagworte: Ramadan, Fastenbrechen, Sonnenuntergang, Gebetsruf, Abendgebet, Fernsehen, Konsens, Brauch, Für-Besser-Halten, Wahhabiten