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Die aktuelle Fatwa: August 2015

27.08.2015

OnIslam: Cloning and Its Impacts: Islamic View

In dieser Fatwa befasst sich der orthodoxe Mufti Qaradawi mit der hochumstrittenen Frage des Klonens. Zunächst bezeichnet er das Klonen von Tieren unter Bezug auf das Klonschaf Dolly zweimal als Albtraum. Das lässt keine sehr sachliche Begutachtung erwarten. Gleichwohl ändert sich der Stil der Fatwa danach und er vertritt teilweise erstaunlich liberale Ansichten.
Zunächst hält der die wissenschaftliche Forschung für eine Kollektivpflicht (Fard kifaya), d. h. eine ausreichende Anzahl an Menschen aus der Nation, gemeint ist wohl die Umma, also die islamische Gemeinde, muss wissenschaftlich forschen. Angesichts der einleitenden Worte ist insbesondere überraschend, dass er das Klonen von Tieren nicht grundsätzlich für verboten hält. Er stellt es allerdings unter zwei Bedingungen: Der Nutzen muss den Schaden überwiegen und das Tier darf keinerlei Schaden erleiden.
Das Klonen von Menschen hält er allerdings für verboten. Das begründet er religiös mit der Vielfalt der Schöpfung und dass Gott von allem Paare geschaffen habe. Das dürfte aus biologischer Sicht nicht haltbar sein. Außerdem wirft er die Frage auf wie das Verhältnis von Klon und Original bestimmt werden soll. Das ist eine Frage die in dem Fall, dass man das Klonen von Menschen erlaubt, gerade das Recht also u. A. er selbst beantworten muss.
Das Klonen von Organen oder anderen Körperteilen zur medizinischen Behandlung hält er nicht nur für erlaubt, sondern sogar für empfohlen. Abschließend grenzt er das Klonen noch von der Schöpfung ab, da es schon existierendes Leben nutze. Das ist insgesamt eine bemerkenswerte Einschätzung, da es aus religiöser Sicht leicht gewesen wäre das Klonen schlicht als Eingriff in die Schöpfung zu betrachten und damit komplett zu verbieten.

Schlagworte: Klonen, Schöpfung, Mensch, Tier, Medizin, Forschung, Kollektivpflicht, Behandlung, Qaradawi

20.08.2015

Islam - Q & A: Ruling on men selling underwear to women

In dieser Fatwa geht es hauptsächlich um die Frage, ob Männer Unterwäsche an Frauen verkaufen dürfen. Die Fatwa ist ein schönes Beispiel für die freie Rechtsfindung (Idschtihad), da der Mufti sich kaum auf Präzedenzfälle stützen kann und das Ergebnis aus allgemeinen Grundätzen und Erwägungen herleiten muss.
Geradezu selbstverständlich ist, dass Unterwäsche erlaubt ist, weshalb auch ihr Verkauf erlaubt sein muss. Der Mufti erwähnt das kaum. Bei Schweinefleisch oder Alkohol wäre die Prüfung allerdings an dieser Stelle womöglich schon am Ende. So muss sich der Mufti der Frage widmen, ob gerade Männer Damenunterwäsche verkaufen dürfen.
Der wahhabitische Mufti hat auch keine grundsätzlichen Bedenken gegen den Geschäftsverkehr mit fremden Frauen. Im Gegenteil, er hält diesen für grundsätzlich erlaubt.
Nachvollziehbar differenziert er sodann zwischen großen und kleinen Ladengeschäften. Das Arbeiten in großen Geschäften, also beispielsweise Kaufhäusern, in denen der Verkäufer nur noch kassiert, hält er für erlaubt. Auch gegen die Arbeit in kleinen Geschäften, die Beratung erfordern, hat er keine grundsätzlichen Einwände, hält sie aber für nicht geziemend für einen Muslim. Die Schuld für die hier entstehende Versuchung weist er allerdings den Frauen zu.
In letzterem Fall, nämlich bei kleinen Geschäften, könnte auch nach § 8 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz der Verkauf von Damenunterwäsche eine zulässige unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen rechtfertigen. Die Entscheidung nur Frauen einzustellen liegt allerdings beim Arbeitgeber. Der Arbeitgeber muss das Vorliegen dieses Sachgrundes beweisen können. Es ist keine religiös-moralische Entscheidung des Arbeitnehmers gefordert.

Schlagworte: Arbeitsrecht, Gleichbehandlung, Geschlecht, Unterwäsche, Geschäftsverkehr, freie Rechtsfindung, Wahhabiten

13.08.2015

Dar al-Ifta' al-misriyya: I am wearing hijab and still get harassed, so what is the point of covering up?

Die Fragestellerin weist mit ihrer Frage auf einen eklatanten Widerspruch hin, wenn sie mitteilt, dass sie belästigt wird, obwohl sie ein Kopftuch trägt. Denn üblicherweise wird als maßgeblicher Grund für das Kopftuch eben der Schutz vor sexuellen Belästigungen angeführt. Tatsächlich hält sich die Antwort zunächst genau im Rahmen dieser herrschenden Lehre und verweist auf den Anstand und die Züchtigkeit der Frau. Das Kopftuch verhindert nach dieser Argumentation, dass Frauen lediglich als Sexualobjekte gesehen werden. Beispielhaft wird insbesondere die sexualisierte Werbung angeführt.
Der zweite Teil der Antwort geht sodann davon aus, dass der Teil der Männer, der gleichwohl Frauen belästigt, geistesgestört und böswillig sei. Die Böswilligkeit kann man als Vorsatz auffassen, der bei einer objektiv eindeutigen sexuellen Belästigung regelmäßig vorliegen dürfte. Auf eine geistige Störung wird man allerdings nicht ohne Weiteres in jedem Fall schließen können. Und schließlich begründet die Annahme, dass diese Gruppe von Männern alle Frauen als Sexualobjekte betrachtet, gerade nicht das Kopftuch als Schutz vor Belästigungen. Sie bestätigt vielmehr die tatsächlichen Erlebnisse der Fragestellerin. Hier lässt die Antwort eine erhebliche Lücke offen. Die Schuld für diese Belästigungen weist die Fatwa allerdings noch eindeutig den handelnden Männern zu (vgl. auch Wiener Zeitung: Der Geist des Koran).

Schlagworte: Kopftuch, Belästigung, Staatsmuftiamt, Ägypten

06.08.2015

Jakarta Globe: Islamic Scholars: MUI Fatwa on Health Insurance Will Have Little Effect

Nach dieser Meldung wird in Indonesien um die Einführung einer Krankenversicherung gestritten. Auslöser ist eine Fatwa des Rats islamischer Gelehrter (MUI) nach der die Krankenversicherung nicht mit dem islamischen Recht übereinstimmt. Gerügt wurden in der Fatwa Elemente der Unsicherheit (Gharar), des Spiels (Maisir) und Verstöße gegen das Zins- bzw. Wucherverbot (Riba). Mit Spiel ist in diesem Fall ein Zufallsrisiko gemeint.
Tatsächlich verstoßen Versicherungen nicht grundsätzlich gegen das islamische Recht. Es gibt islamische Versicherungen (Takaful), die genossenschaftlich organisiert sind. Auch die genannten Elemente ziehen nicht zwangsläufig ein Verbot nach sich. So ist ein gewisses Maß an Unsicherheit regelmäßig im Handelsverkehr enthalten. Dementsprechend erklärte der Rat islamischer Gelehrter nach Kritik an seiner Fatwa, dass er die Versicherung nicht für verboten (haram) hält. Es kommt also in Betracht die Versicherung als missbilligt (makruh) oder gar als erlaubt (halal) einzuordnen, wenn man die Elemente der Unsicherheit für sehr gering hält.
Beachtlich könnte auch noch das vorgebrachte Argument sein, dass die Versicherung durch den Staat verwaltet wird. Die Einordnung als Staatsaufgabe könnte auch die Begutachtung nach dem islamischen Recht komplett verschieben. Und schließlich wird zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich bei Fatwas um nicht bindende Rechtsgutachten handelt.

Schlagworte: Krankenversicherung, Unsicherheit, Spiel, Zinsverbot, Staatsaufgabe, Bindungswirkung, Rat islamischer Gelehrter, Indonesien