OnIslam: Aborting a Fetus Resulting from Rape
Der orthodoxe Mufti Yusuf Qaradawi setzt sich in dieser Fatwa mit der sehr prekären Frage einer Abtreibung nach einer Vergewaltigung auseinander. Dabei ist zunächst wichtig, dass das Opfer nicht der Unzucht strafbar ist, da es keine Kontrolle, also keinen Vorsatz bezüglich der Tat hat. Es folgt ein kurzer Aufruf zugunsten des Instituts der Ehe.
Der größte Teil der Antwort befasst sich sodann mit der Abtreibung. Qaradawi hält sie grundsätzlich für verboten. Gleichwohl legt er dar, dass auch andere juristische Meinungen vertreten werden, nach denen die Abtreibung bis zum Einhauchen der Seele erlaubt ist. Zu dem Zeitpunkt wann die Seele eingehaucht wird, werden wiederum verschiedene Meinungen vertreten, von denen Qaradawi mit 40 Tagen den Frühesten nennt.
Auch Qaradawi macht sodann allerdings eine Ausnahme vom Verbot der Abtreibung, die er mit dem Grundsatz der Notwendigkeit (Darura) begründet. Eine Vergewaltigung fällt darunter. Ähnlich wie die anderen zur Abtreibung vertretenen Meinungen fordert er aber in diesem Fall eine entsprechende Indikation.
Schlagworte: Strafrecht, Unzucht, Vergewaltigung, Vorsatz, Abtreibung, Notwendigkeit, Indikation, Qaradawi
Die Grundzüge der Islamic Finance aus hanafitischer Sicht legt sehr schön diese Fatwa dar. Zunächst ist die Art des Geschäfts zu betrachten. So ist es nicht erlaubt Anteile von Firmen zu erwerben, die Zinsgeschäfte betreiben oder Alkohol, Schweinefleisch, etc. produzieren oder damit handeln.
Bei Firmen deren Kerngeschäft erlaubt ist, die allerdings ihren Geldverkehr über konventionelle zinsbasierte Banken abwickeln, muss sich der Teilhaber in der Hauptversammlung gegen solche Geschäfte wenden. Ferner ist er verpflichtet, den Zinsanteil an der Dividende zu spenden. Das bedeutet, dass das Kaufen und Halten solcher Anteile nicht verboten ist. Allerdings erfordert es eine Bilanzierung, die die Zinsanteile ausweist, um Muslime als Teilhaber zu gewinnen.
Schließlich wird herausgestellt, dass das Vorhandensein von Sachwerten erforderlich ist, um den Bedingungen der Islamic Finance zu genügen.
Schlagworte: Islamic Finance, Unternehmensanteile, Zins, Alkohol, Schweinefleisch, Spende, Bilanzierung, Sachwerte, Deobandis
The Daily Star: Arrest persons for 'fatwa' on housewife
Ein Fall aus Bangladesch gibt einige Fragen auf. Zunächst habe ich schon Zweifel, ob es sich überhaupt um eine Fatwa handelt. Denn eine Fatwa kann nur erteilen, wer dazu als Mufti qualifiziert ist. Ein Lokalpolitiker ist das nicht notwendigerweise, auch wenn Bangladesch ein islamischer Staat ist.
Weiterhin ist eine Fatwa ein Gutachten und kein Urteil (Hukm) und damit nicht vollstreckungsfähig. Ob die Vollstreckungsfähigkeit durch ein Schiedsgerichtsverfahren hergestellt werden kann, ist eine interessante Frage. Dieses müsste dann jedenfalls den Regeln des islamischen Rechts entsprechen.
Was die sexuelle Belästigung angeht, so reicht sie schon nicht für den Tatbestand der Unzucht aus. Was einen Missbrauch angeht, so müssen die Täter einer Unzucht und nicht das Opfer bestraft werden.
Interessant ist schließlich, dass der oberste Gerichtshof diese Fatwa verurteilt.
Schlagworte: Strafrecht, Unzucht, Schiedsgericht, Mufti, Vollstreckungsfähigkeit, Oberster Gerichtshof, Bangladesch
Dawn.com: Fifty Muslim scholars issue fatwa against Taliban
Ein Angriff der Taliban auf ein politisch engagiertes Mädchen gibt wieder einmal Anlass zu einer Fatwa, die sich mit dem Thema Gewalt befasst. Die Muftis der dem Sufismus nahestehenden Bewegung der Barelwis führen hier zunächst das Bildungsideal des Islam an. Man kann auch an das Prophetenwort "Suchet das Wissen, und sei es in China" denken.
Weiterhin wird die Tötung Unschuldiger verboten. Interessant ist zudem, dass die Muftis selbst im Falle der Apostasie eine Ausnahme von der Todesstrafe für Frauen machen. So sehr sich die Barelwis gegen die Taliban wenden, wird gleichwohl auch eine Zusammenarbeit mit den USA sehr deutlich abgelehnt. Damit nehmen die Barelwis einen dritten Standpunkt ein.
Schlagworte: Bildung, Frauen, Tötung, Apostasie, Barelwis, Taliban, Pakistan, USA
MuftiSays.com: Need summarised fatwa on Alcohol use in Perfume for packaging
Diese Fatwa ist aufgrund ihrer Form und ihres Zweckes interessant. Inhaltlich fasst sie die bekannte Differenzierung zum Alkoholverbot zusammen. Danach ist zwar der Konsum von Alkohol verboten, Alkohol ist aber jedenfalls nach der hanafitischen Rechtsschule rituell rein und darf daher äußerlich angewandt werden (vgl. Matthias Brückner: Fatwas zum Alkohol unter dem Einfluss neuer Medien im 20. Jhdt., Würzburg 2001, S. 87f.).
Aus der Frage kann man allerdings schließen, dass das vielen Muslimen nicht bekannt ist. Weiterhin enthüllt die Frage, dass es einen Markt für Parfümprodukte unter Muslimen gibt, es hier allerdings zu Absatzschwierigkeiten aufgrund Verwirrung über die rituelle Reinheit von Alkohol kommt.
Weiterhin werden die Erfordernisses des Marktes durch die Angabe einer maximalen Zahl an Zeichen für die Antwort deutlich, woran sich der Mufti gehalten hat. Auch die Spende an den Dienst unterstreicht die wirtschaftliche Bedeutung. Interessant ist schließlich, dass überhaupt eine Fatwa nachgefragt wird und nicht ein Halal-Zertifikat angestrebt wird. Es unterstreicht die Bedeutung der Erklärung gegenüber einem schlichten Siegel.
Schlagworte: Alkohol, Parfüm, Medizin, Reinheit, Markt, Halal-Zertifikat, Deobandis
Islam - Q & A: When can a young man make ijtihaad and issue fatwas?
Aus aktuellem Anlass habe ich diesmal eine Fatwa über die Fatwaerteilung ausgewählt. In kurzer übersichtlicher Form zählt sie aus wahhabitischer Sicht auf, was es braucht, um Mufti zu werden. Dabei muss erwähnt werden, dass sicher nicht jeder Mufti die Kompetenz zur freien Rechtsfindung (Ijtihad) besitzt. Es ist auch möglich Fatwas in dem Wege zu erteilen, dass lediglich die entsprechende Rechtsquelle durch den Mufti herausgesucht wird. So dürfte hier auch das Wort Dalil (Beweis, Hinweis) zu verstehen sein. Weiter folgen Anforderungen aus der Koran- und Hadith-, sowie der Rechtswissenschaft.
Eine Fatwa, die das Wort Fatwa selber erklärt, konnte ich aktuell nicht finden. Denn mit dieser Fatwa ändere ich meinen Sprachgebrauch und verwende den weiblichen Artikel, obwohl es sicher Argumente für andere Artikel gibt und auch der Duden noch den weiblichen und sachlichen Artikel hergibt. Mittlerweile wird im Deutschen weit überwiegend der weibliche Artikel gebraucht, wie eine "repräsentative" Suche bei Google bestätigt.
Schlagworte: Fatwa, Mufti, freie Rechtsfindung, Koranwissenschaft, Hadithwissenschaft, Rechtswissenschaft, Wahhabiten