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Die aktuelle Fatwa: Oktober 2015

29.10.2015

Ask Mufti: Female Circumcision

Dieser sunnitische Mufti aus Südafrika befasst sich mit der Frauenbeschneidung. Er unterscheidet zunächst zwischen Beschneidung und Genitalverstümmelung, welche verboten ist. Beide Begriffe bzw. die Unterscheidung definiert er allerdings nicht. Seiner Auffassung nach sei die weibliche Beschneidung grundsätzlich erlaubt, nur wenn sie zu Krankheit oder Tod führe sei sie verboten. Das führt er weiterhin auf die falsche Durchführung zurück. Die Gelehrten sollen deshalb die weibliche Beschneidung nur in Gebieten, in denen diese falsche Durchführung vorkommt, verbieten.
Das überzeugt auch aus islamrechtlicher Sicht nicht. Denn im islamischen Recht wird, ebenso wie es im deutschen staatlichen Recht anerkannt ist, stark die Meinung vertreten, dass ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit zunächst einmal eine Körperverletzung ist, die gerechtfertigt werden muss. Das kann beispielsweise bei medizinischer Notwendigkeit (Darura) oder bei Jungen durch die Religionsfreiheit der Fall sein. Wie der Mufti zutreffend ausführt, ist die weibliche Beschneidung allerdings nicht religiös verpflichtend. Insofern hilft ihm auch der Vergleich mit der Beschneidung von Jungen nicht weiter. Die weibliche Beschneidung ist somit eine nicht gerechtfertigte Körperverletzung.

Schlagworte: Sexualrecht, Beschneidung, Frau, Südafrika

22.10.2015

Darul Iftaa: Legal/Civil Divorce According to Islamic Law

Das Familienrecht und dort insbesondere die Scheidung ist eines der Rechtsgebiete zu denen viele Fragen gestellt werden. Nun ist das islamische Recht ein an den Glauben der Person anknüpfendes religiöses Recht, das der Muslim mitnimmt, wenn er auswandert. So kann es zu Kollisionen mit dem staatlichen Recht des Gastlandes kommen, das regelmäßig an das Staatsgebiet anknüpft.
Der Fragesteller möchte nun wissen, ob er, wenn er eine Scheidung nach staatlichem Recht vor Gericht in England erlangt, auch nach islamischem Recht als geschieden gilt. Aus der Sicht westlichen staatlichen Rechts erschließt sich die Frage nicht ohne Weiteres, da das islamische Recht die leichtere mündliche Form für den Mann zur Scheidung ausreichen lässt. Da das islamische Recht aber gerade das Aussprechen der Scheidung (Talaq) betont, ist die Frage aus dieser Sicht berechtigt, ob auch die schriftliche Form ausreichend ist, was der Mufti bejaht. Er belegt das mit einigen hanafitischen Quellen.
Es stellt sich allerdings ein weiteres Problem. Nach dem islamischen Recht ist die Scheidung mit Auspruch des Ehemannes bewirkt. Nach westlichem staatlichen Recht wird die Scheidung regelmäßig durch Ausspruch des Urteils durch den Richter bewirkt. Der Mufti löst das Problem indem er eine Stellvertretung konstruiert. Danach wird der Richter vom Ehemann bevollmächtigt die Scheidung in seinem Namen auszusprechen. Nach Auffassung des Muftis sei es auch unschädlich, wenn der bevollmächtigte Richter kein Muslim ist.

Schlagworte: Familienrecht, Scheidung, islamisches Recht, staatliches Recht, Form, Stellvertretung, Hanafiten

15.10.2015

Ask Imam: Talaq in the state of anger

Immer wieder sind Fatwas aufgrund des geschilderten Sachverhaltes interessant. Diese Frage gibt einen Einblick in familiäre Verwicklungen anlässlich Heirat und Scheidung. Gründe für eine mögliche Scheidung wurden hier schon in der Nacht vor der Hochzeit gelegt. Der Streit ging von den Familien der Brautleute aus, die sich wegen Äußerlichkeiten in die Haare gerieten. Das führte zu einem Bruch des Ehemannes mit seiner Familie, was die gerade geschlossene Ehe belastete. Zwar scheint sich das Verhältnis wieder normalisiert zu haben, aber nun kam es zum Streit zwischen den Eheleuten. Die Fragestellerin schildert, dass ihr Mann im Laufe des fernmündlich ausgetragenen Streits per Textnachricht die Scheidung (Talaq) erklärt habe. Der Mann konnte sich am nächsten Morgen allerdings nicht an eine solche Textnachricht erinnern.
Der Mufti weist zu Recht darauf hin, dass es auf den genauen Wortlaut der Textnachricht ankommt. Weiterhin empfiehlt er einen lokalen Mufti aufzusuchen, der klären kann, ob der Mann als er möglicherweise die Scheidung erklärte, geschäftsfähig war. Große Wut kann zum Ausschluss der Geschäftsfähigkeit führen und eine in diesem Zustand erklärte Scheidung ist unwirksam. Nicht angesprochen wird die streitige Frage, ob ein dreimaliger Ausspruch der Scheidung unmittelbar hintereinander zulässig ist. Die Scheidung per Textnachricht wird ebenfalls nicht problematisiert. Da eine Scheidung formfrei möglich ist, werden Scheidungen per Textnachricht und Ähnlichem von gegenwärtigen Muftis weitgehend anerkannt.

Schlagworte: Familienrecht, Scheidung, Geschäftsfähigkeit, Form, Ebrahim Desai, Hanafiten

08.10.2015

Darul Fiqh: How can rental be adjusted in Diminishing Musharakah products?
Darul Iftaa wal Irshaad: Can we use animal glycerin which has not been slaughtered islamically in cosmetics?

Heute möchte ich zwei Fatwas besprechen, die auf den ersten Blick nichts miteinander verbindet. Das trifft zwar thematisch zu, allerdings haben die beiden erteilenden Muftis etwas miteinander gemeinsam. Sie sind nämlich beide Schüler des berühmten Internetmuftis Ebrahim Desai. Desai betreibt seinen bekannten Dienst Ask Imam von Südafrika aus. Seine Schüler betreiben ihre Dienste von Großbritannien und Kanada aus. Ein weiterer Schüler betreibt seinen Dienst von Australien aus. Das online Fatwawesen entwickelt also Strukturen, die man eventuell als Franchise bezeichnen kann.
In der in England erteilten Fatwa geht es um eine Hausfinanzierung gemäß den Grundsätzen der Islamic Finance. Der Fragesteller bezeichnet die Finanzierung bereits mit dem Fachterminus Muscharaka. Andererseits bezeichnet er den Geldgeber als stillen Partner. Es könnte sich also auch um eine Mudaraba (stille Gesellschaft) im Gegensatz zu einer Muscharaka, bei der die Einsätze gleichmäßiger verteilt sind, handeln. Der Mufti problematisiert das nicht.
Gefragt ist nach der Konstruktion der Zahlung der Raten bzw. Mieten. Letztlich handelt es sich also um Kaufleasing. Allerdings könnte insbesondere der zweite Vorschlag des Muftis, jedenfalls wenn man eine strenge Auffassung vertritt, verbotenen Zins (Riba) darstellen. Der Mufti schlägt nämlich vor die Rate prozentual aus der Höhe des Anteils des Kreditgebers zu berechnen.
In der in Kanada erteilten Fatwa geht es um tierische Inhaltsstoffe, vermutlich vom Schwein, in Kosmetik. In diesem Bereich ist regelmäßig streitig, ob bei dem Inhaltsstoff durch Verarbeitung eine Veränderung (Istihala) dergestalt stattgefunden hat, dass das Endprodukt erlaubt ist. Der Mufti rät in diesem Fall im Zweifel zur Vorsicht.

Schlagworte: Fatwawesen, Internet, Ebrahim Desai, Islamic Finance, Zins, Kosmetik, Veränderung, Hanafiten

01.10.2015

Islam - Q & A: How can the ordinary Muslim know who the scholars are?

Diese Fatwa befasst sich mit dem Dilemma wie ein Laie einen qualifizierten Mufti finden kann. Denn der Laie fragt den Mufti gerade wegen des Fachwissens, das er nicht hat. Es ist also schwierig für ihn gerade dessen fachliche Qualififikation einzuschätzen.
Der wahhabitische Mufti zählt zunächst beispielhaft Qualifikationen eines Muftis auf über die weitgehend Einigkeit herrscht. Dazu zählen ausreichende Kenntnisse des Korans und der Überlieferungen von Muhammad sowie verschiedene Auslegungsmethoden. Eine wahhabitische Mindermeinung ist allerdings die Forderung, dass der Mufti zur freien Rechtsfindung (Idschtihad) befähigt sein muss. Nach der herrschenden Meinung können Muftis verschiedene Qualifikationsstufen durchlaufen. Auch in der Praxis gibt es sicher Unterschiede zwischen hochrangigen Gelehrten, die zur freien Rechtsfindung befähigt sind, und einfachen Muftis, die für die alltäglichen Probleme der Menschen die passende Regel aus den Lehrwerken heraussuchen.
Spezifisch wahhabitisch ist auch die Ausgrenzung einiger neuerer Bewegungen wegen verbotener Neuerung (Bid'a). Demgegenüber lehnt der Mufti moderne Universitätsabschlüsse im islamischen Recht als Zeichen für die Qualifikation zum Mufti nicht grundsätzlich als verbotene Neuerung ab. Schließlich empfiehlt der Mufti dem Laien herauszufinden, ob der Mufti unter den Gelehrten anerkannt ist.

Schlagworte: Fatwawesen, Mufti, freie Rechtsfindung, Neuerung, Wahhabiten