Die aktuelle Fatwa: Oktober 2023
14.10.2023
AboutIslam: Are Clinical Trials on Human Subjects Allowed in Islam?
In dieser Fatwa geht es um klinische Tests an Menschen zur Erforschung und Entwicklung von Medikamenten. Der Mufti steigt sehr grundsätzlich in die Beantwortung der Frage ein. Die Scharia wolle drei grundsätzliche Sachen bewahren, nämlich die Notwendigkeiten, Bedürfnisse und Verbesserungen des Lebens. Es gäbe fünf Notwendigkeiten, nämlich Religion, Leben, Abstammung, Geist und Eigentum. Der Mufti stützt sich hier auf einen bedeutenden mittelalterlichen Rechtsgelehrten der malikitischen Rechtsschule.
Dann zitiert er eine bei medizinischen Fragen regelmäßig erwähnte Überlieferung von Muhammad, nämlich, dass Gott keine Krankheit erschaffen habe ohne ein Heilmittel dafür bestimmt zu haben. Daraus folgert er, dass die Scharia fordere Behandlungen für alle Krankheiten zu finden. Das ist in zweierlei Hinsicht wichtig, denn hier wird grunsätzlich die Erforschung von Neuem erlaubt bzw. geradezu notwendig. Zum Anderen ist es wichtig, da hier die Notwendigkeit Leben gegen Leben steht. Klinische Tests können nämlich im schlimmsten Fall zum Tod eines Menschen führen. Es findet hier eine Abwägung mit dem Schutzgut Leben auf beiden Seiten statt, denn die Entdeckung eines Heilmittels kann in Zukunft (viele) Leben retten.
Das führt den Mufti schließlich dahin, dass klinische Tests an Menschen zwar erlaubt oder sogar notwendig sind, aber unter strengen Bedingungen stehen. Die Ergebnisse der Forschung müssen zu konkretem medizinischem Fortschritt führen. Die medizinische Hypothese kann nicht durch Tierversuche bewiesen werden. Es muss die kleinstmögliche Anzahl an Menschen für die Tests ausgesucht werden und es darf ihnen nur der kleinstmögliche Schaden zugefügt werden. Die Forscher müssen so qualifiziert und erfahren sein, dass sie die Testpersonen gegen Schaden schützen können. Die Testpersonen müssen über den Zweck des Experiments und alle möglichen Gefahren vorher aufgeklärt werden. Es müssen alle notwendigen Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden, um die Privatsphäre der Testpersonen zu schützen und dass die Ergebnisse nicht gegen sie verwendet werden. Also sogar den Datenschutz von Gesundheitsdaten bedenkt der Mufti. Schließlich müssen der Entwurf und Zweck der Forschung Ethikkommissionen vorgelegt werden, die der Forschung zustimmen müssen.
Schlagworte: Mensch, klinische Tests, Medikamente, Erforschung, Leben, Notwendigkeit, Bedürfnis, Verbesserung, Tierversuche, Schaden, Ethikkommission
07.10.2023
The Libya Observer: Libyan Mufti says HoR has approved election laws to befit Haftar
Laut dieser Pressemeldung hat das 2014 gewählte und nunmehr in Tobruk im Osten Libyens ansässige Parlament ein Wahlgesetz beschlossen. Das hat den libyschen Staatsmufti, der zur islam(ist)ischen Regierung Westlibyens zählt, zu deutlicher Kritik veranlasst. Das Gesetz soll die Wahl eines gemeinsamen Präsidenten und eines gemeinsamen Parlaments regeln. Dieses Gesetz erlaubt Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft als Präsident zu kandidieren. Wenn sie nicht gewählt werden, können sie die ausländische Staatsbürgerschaft behalten, wenn sie gewählt werden, müssen sie die zweite Staatsbürgerschaft abgeben.
Der libysche Staatsmufti kritisiert das als auf den militärischen Machthaber im Osten Libyens, Khalifa Haftar, zugeschnittenes Gesetz. Außerdem weist der Staatsmufti auf eine gemeinsame Verteidigungsvereinbarung hin, die Haftar in Moskau mit Putin geschlossen habe. Diese Vereinbarung kritisiert der Staatsmufti als Besatzungsvereinbarung. Es sei verboten, dass ein Mensch mit der Staatsbürgerschaft eines nicht-muslimischen Landes ein muslimisches Land regiere. Der libysche Staatsmufti deutet damit an, dass Haftar die russische Staatsbürgerschaft haben könnte. Tatsächlich besitzt er jedenfalls die Amerikanische. Man muss sich auch fragen, ob das Wahlgesetz tatsächlich so auf Haftar zugeschnitten ist. Dass er mit doppelter oder dreifacher Staatsbürgerschaft für das Präsidentenamt kandidieren kann, begünstigt ihn sicherlich. Dass bei erfolgreicher Wahl ausländische Staatsbürgerschaften abgegeben werden müssen, ist hingegen keine Begünstigung.
Der Staatsmufti meint es sei u. a. auch eine Frage der Loyalität. Das ist in der Tat ein bedenkenswertes Argument. Allerdings wurde es auch schon beachtet, nämlich insofern, dass ausländische Staatsbürgerschaften nach erfolgreicher Wahl abzugeben sind. Man kann das Präsidentenamt aber auch für so wichtig halten, dass schon niemand mit doppelter Staatsbürgerschaft dafür kandidieren darf, also die ausländischen Staatsbürgerschaften vor der Wahl abgegeben werden müssen. Doppelte Staatsbürgerschaften werden allerdings nicht überall so kritisch gesehen. So kann man beispielweise mit doppelter Staatsbürgerschaft Gouverneur von Kalifornien werden.
Schlagworte: Wahlgesetz, Parlament, Staatsbürgerschaft, Haftar, Staatsmufti, Libyen