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Die aktuelle Fatwa: November 2015

26.11.2015

Dar al-Ifta' al-misriyya: A Muslim woman mistakenly marrying a non-Muslim man

Diese Frage wirft ein bekanntes Thema in neuem Gewand auf. Darf eine Muslimin einen andersgläubigen Mann heiraten? Die Frage ist in diesem Fall besonders prekär, weil die Fragestellerin den Mann schon geheiratet hat und drei Kinder mit ihm hat. Die Frau gibt an, dass das in Unwissen geschah. Sie teilt nicht mit worauf sich ihr Unwissen bezieht, auf den Glauben ihres Mannes oder auf das Verbot einen nicht muslimischen Mann zu heiraten.
Der antwortende Mufti nimmt an, dass sich ihre Unwissenheit auf das Verbot bezieht. Auch das hält er allerdings für verzeihbar, wozu er eine Überlieferung von Muhammad anführt. Das bedeutet zunächst einmal, dass die Vaterschaft des Mannes anerkannt wird und keine eventuell strafwürdige Unzucht vorliegt.
An dem im Koran verankerten Verbot rüttelt aber auch das ägyptische Staatsmuftiamt nicht. An der Stelle ist die Fatwa etwas undeutlich. Es hätte etwa heißen müssen, dass der Geschlechtsverkehr ab jetzt(!) verboten ist. Der einzige Ausweg, der aufgezeigt wird, ist der Übertritt des Mannes zum Islam. Selbst in diesem Fall hält das Amt einen neuen Ehevertrag für erforderlich, was unter islamischen Juristen umstritten sein dürfte. Im anderen Fall führt es zur harten Konsequenz der Scheidung.

Schlagworte: Familienrecht, Ehe, Ehevertrag, Scheidung, Konfession, Vaterschaft, Staatsmuftiamt, Ägypten

19.11.2015

Morocco World News: Morocco’s Higher Council of Ulemas Issues Fatwa on Jihad in Islam

Die Attentate von Paris am 13.11.2015 haben den Höchsten Rat der islamischen Gelehrten Marokkos veranlasst eine Fatwa zur Bedeutung des Dschihads herauszugeben. Er stützt sich dabei auf zwei Koranverse, die zwar Gewaltanwendung zulassen, aber nur unter Bedingungen. Nach Auffassung des Rates ist danach nur ein defensiver kriegerischer Dschihad zulässig. Dazu muss nach seiner Auffassung Notwendigkeit vorliegen und alle friedlichen Mittel müssen fehlgeschlagen sein. Ergänzend wird mitgeteilt, dass nur der Imam diesen defensiven kriegerischen Dschihad ausrufen darf. Wer dieser Imam ist, teilt jedenfalls die Pressemeldung nicht mit.
Daneben legt der Rat einen Schwerpunkt auf diverse andere Verständnisse des Wortes Dschihad, das wörtlich Mühe bzw. Bemühung bedeutet. So kann man sich auch um Bildung und Erziehung bemühen oder sich durch Spenden von Geld für wohltätige Zwecke bemühen.
Insgesamt kann man weiterhin feststellen, dass es einen außerordentlich breiten Konsens (Idschma) traditioneller Gelehrter gibt, der dahingeht, dass weder die Ausrufung eines Khalifats noch eines kriegerischen Dschihads durch ISIS rechtmäßig ist. Ebenso weitgehend wird beim kriegerischen Dschihad ohnehin der Schwerpunkt auf seine defensive Form unter engen Bedingungen gelegt. Dieser Konsens ist bedeutend, denn der Konsens ist eine Quelle des islamischen Rechts. Es entsteht also eine bindende Rechtsnorm im Gegensatz zu einer nicht bindenden Fatwa. Wenn man es in der Terminologie des islamischen Rechts ausdrücken möchte, ist es sogar möglich, dass nun das Tor des offensiven kriegerischen Dschihads durch Konsens geschlossen wird. Unterschiedliche Meinungen gibt es hingegen zu der Frage, wer berechtigt ist einen defensiven Dschihad auszurufen: ein Khalif, ein Imam oder gar ein säkulares Staatsoberhaupt.
Weiterhin kann man beobachten, dass sich der Diskurs, den die traditionellen islamischen Gelehrten im Hinblick auf ISIS führen, ändert. Zunächst stand im Vordergrund Verstöße von ISIS gegen das islamische Recht zu begründen, also beispielsweise nicht durch einen Dschihad gerechtfertigten Mord und Totschlag. Zunehmend rücken nun allerdings Deutungen in den Vordergrund, die den Gläubigen andere Handlungsoptionen anbieten. Das geschieht hier durch die Betonung des Dschihads in verschiedenen anderen Formen, wie durch Bildung und Erziehung. Soweit die Attraktivität von ISIS in jenseitigen Belohnungen für das Führen eines kriegerischen Dschihads besteht, so kann die Möglichkeit die Belohnungen auch auf anderem Wege zu erlangen, ein geeignetes Mittel sein, um Muslime davon abzuhalten sich ISIS anzuschließen, jedenfalls geeigneter als ein schlichtes Verbot.

Schlagworte: Dschihad, Notwendigkeit, Konsens, Paris, ISIS, Höchster Rat islamischer Gelehrter, Marokko

12.11.2015

Islamweb: Her divorced mother refuses to let her contact her father's family

Diese Fatwa ist schon aufgrund der Sachverhaltsschilderung interessant. Es handelt sich wieder einmal um familiäre Verwicklungen. Diese nehmen hier ihren Ausgang möglicherweise von einer Zwangsehe der Mutter der Fragestellerin, so schreibt sie es jedenfalls zu Beginn ihrer Frage. Am Ende fragt sie aber, ob sie ihrer Mutter glauben muss, wenn sie behauptet ihr sei Unrecht angetan worden. Die Ehe ist jedenfalls mittlerweile geschieden.
Das eigentliche Problem der Fragestellerin liegt nun darin, dass sie auch Kontakt zur Familie ihres Vaters halten möchte. Von Seiten der Mutter werden ihr u. a. deshalb Steine in den Weg gelegt, weil sie in einzelnen Zügen ihrem Vater bzw. dessen Familie ähnelt. Von Seiten des Vaters bestehen Hindernisse darin, dass die Fragestellerin herausgefunden hat, dass seine Familie verbotene Neuerungen (Bid'a) praktiziert. Das deutet auf eine fromme, dem wahhabitischen Spektrum zuzuordnende, Auffassung hin.
Der Mufti betont zunächst das Gebot die Eltern zu ehren, selbst wenn sie keine Muslime sind. Das belegt er mit einem Koranzitat. Folgerichtig steht die Praktizierung verbotener Neuerungen nicht dem Kontakt zur väterlichen Familie entgegen. Der Mufti sieht des Weiteren kein Problem darin der Mutter den Kontakt zur väterlichen Familie zu verheimlichen. Im Gegenteil, sie würde dadurch sogar die Gefühle ihrer Mutter respektieren. Wenn die Mutter deshalb den Kontakt zur Fragestellerin abbrechen würde, würde sie eine Sünde begehen und nicht die Fragestellerin.
Hinsichtlich des der Mutter angeblich angetanen Unrechts stellt der Mufti fest, dass die Fragestellerin ihr nicht glauben muss. Auch das islamische Recht kennt ein Beweisrecht, in dem der Zeugenbeweis eine wichtige Rolle spielt. Einen Zeugenbeweis oder einen anderen Beweis führt die Fragestellerin in ihrer Frage allerdings nicht an. Auf die mögliche Zwangsehe geht der Mufti deshalb gar nicht ein.

Schlagworte: Familienrecht, Zwangsehe, Beweis, Umgang, Neuerung

05.11.2015

Darul Ifta Birmingham: MLM Netorking

Diese Fatwa befasst sich mit dem Multi-Level-Marketing (MLM). Der Mufti führt zunächst vollkommen zu Recht aus, dass es eine Reihe an Gründen gibt, die dafür sprechen, dass es zumindest zweifelhaft, wenn nicht verboten (haram) ist. In der Tat gibt es eine Nähe zum Schneeballsystem, das auch nach deutschem Recht illegal ist.
Der Mufti beschreibt sodann den Ablauf von MLM in einer Weise, die in der Tat nahe legt, dass es verboten sein könnte, insbesondere was die starke Betonung der Provision angeht. Das Problem ist, dass der Mufti die Antwort nur nach der gestellten Frage geben kann und diese fragt nur allgemein nach der Zulässigkeit solcher Systeme und schildert nicht eine konkrete Ausgestaltung, die begutachtet werden kann.
Schließlich nennt der Mufti Bedingungen unter denen MLM erlaubt ist. Zunächst darf keine Unsicherheit (Gharar) vorliegen. Diese bezieht er vor allem auf die verkauften Produkte. Das bedeutet unter Anderem, dass die Produkte existieren müssen. Weiterhin darf es keinen Zwang und keine Übertreibung beim Verkauf der Produkte geben. Unter Übertreibung wird man also insbesondere unlautere Werbung subsumieren können.

Schlagworte: Multi-Level-Marketing, Unsicherheit, Zwang, Übertreibung, Deobandi