Die aktuelle Fatwa: November 2024
30.11.2024
Islam - Q & A: Are Performance-Enhancing Drugs Prohibited in Islam?
In dieser Fatwa geht es um den Einsatz leistungssteigernder Mittel im Sport. Der wahhabitische Mufti beruft sich in seiner Antwort zunächst ausführlich auf Regeln des internationalen Sports. So seien dort Substanzen verboten, die die Leistung in einer abnormalen Art und Weise steigern würden und dem Athleten einen ungerechten Vorteil im Wettbewerb gewähren würden. Danach führt er eine Liste verbotener Substanzen des Internationalen Olympischen Komitees an. Medizinische Forschung habe bewiesen, dass leistungssteigernde Mittel physische und psychische Krankheiten verursachen würden. Danach führt er eine lange Liste an physischen Schäden an. Diese Schäden und ihr Ausmaß führten dazu, dass leistungssteigernde Substanzen verboten seien. Zur Begründung dieses Ergebnisses führt er noch zwei Koranverse (Suren 4, 29; 2, 195) und eine Überlieferung von Muhammad an. Der Mufti meint zusammen mit der herrschenden Meinung im islamischen Recht, dass der Islam den Selbstmord und die Selbstschädigung verbieten würde. Im Unterschied zu den Regeln des internationalen Sports teilt der Mufti aber weder die praktische Durchsetzung dieses Verbotes noch die Rechtsfolgen bei etwaigen Verstößen mit.
Schlagworte: Sportrecht, Doping, Krankheit, Schaden, Selbstmord, Selbstschädigung, Wahhabiten
17.11.2024
AboutIslam: Is Karate Haram in Islam?
In dieser Fatwa geht es um Karate, eine waffenlose Kampfsportart. Es handelt sich um eine gefährliche Sportart, bei der Verletzungen auftreten können.
Der Mufti referiert dazu zunächst die Meinungen der vier klassischen sunnitischen Rechtsschulen. Die Hanafiten würden Wettbewerbe ohne Preisgelder für ausgebildete Sportler in diesen Sportarten erlauben. Allerdings müsse die Sicherheit garantiert sein und der Zweck des Wettbewerbs müsse weiteres Training sein. Auch die Malikiten würden Wettbewerbe ohne Preisgelder erlauben, wenn es einen gültigen Zweck gäbe. Weiterhin würden auch die Hanbaliten Wettbewerbe ohne Preisgelder in Karate erlauben. Ein Teil der Schafiiten würde ebenfalls Wettbewerbe ohne Preisgelder in diesen Sportarten erlauben, wenn die Sportler kompetent und sicher seien. Außerdem müsse der Wettbewerb frei von Zwietracht sein. Manche Schafiiten würden allerdings Wettbewerbe in Karate nicht erlauben, weil sich die Gegner verletzen wollten.
Der Mufti erlaubt Wettbewerbe in Karate mit oder ohne Preisgeld. Allerdings müssten die Sportler ausgebildet und kompetent sein. Ihre Sicherheit müsste sichergestellt sein. Zudem müssten mit dem Wettbewerb nützliche Ziele erreicht werden. Karate und andere Kampfsportarten hätte Gott den Muslimen befohlen, um ihre Feinde zu bekämpfen. Das ist möglicherweise auch der Grund, weshalb der sunnitische Mufti in Abweichung von den referierten Lehrmeinungen Wettbewerbe auch mit Preisgeldern erlaubt.
Der Mufti führt dann allerdings noch ein paar weitere spezifische Ausnahmen an. Ein Wettbewerb sei nicht gültig, wenn ein Unterschied zwischen den Sportlern in Kraft, Gewicht oder Größe bestehen würde, der mit Sicherheit dazu führen würde, dass der unterlegene Gegner verletzt würde. Das gelte ebenfalls, wenn Vorsichtsmaßnahmen, um die schädigenden Wirkungen der Schläge zu vermindern, nicht getroffen würden. Dasselbe gelte, wenn die Regeln von Karate nicht beachtet würden. Dabei bezieht sich der Mufti auf den Koran (Suren 2, 195; 4, 29) und einen Ausspruch Muhammads.
Dass Karate und andere Kampfsportarten grundsätzlich verboten sein könnten, diskutiert der Mufti gar nicht. Insbesondere Islamisten hätten hier an das Argument der Nachahmung der Ungläubigen denken können. Dann könnte Karate eine Technik von Ungläubigen und ihre Nachahmung damit verboten sein. Außerdem hätte man hinsichtlich der Preisgelder noch diskutieren können, ob es sich hier um verbotenes Glücksspiel (Maisir) handelt. Dagegen spricht allerdings, dass die Sportler sie durch eigene Anstrengung erwerben.
Schlagworte: Sportrecht, Karate, Wettbewerb, Preisgeld, Sicherheit, Zweck, Hanafiten, Malikiten, Schafiiten, Hanbaliten
09.11.2024
BBC: Gaza’s top Islamic scholar issues fatwa criticising 7 October attack
Viele Medien berichten, dass der berühmteste islamische Gelehrte Gazas eine Fatwa erlassen habe, in der er den Angriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023 verurteile. Professor Salman al-Dayah ist ein ehemaliger Dekan der Fakultät für Scharia der der Hamas nahestehenden Islamischen Universität Gaza. In seiner Fatwa kritisiert er, dass die Hamas die islamischen Prinzipien, die den Dschihad regeln, missachten würde. Wenn die Bedingungen für einen Dschihad nicht erfüllt seien, müsste er vermieden werden um das Leben der Menschen nicht zu zerstören. Das sei auch leicht für die Politiker einzuschätzen gewesen. Die erheblichen zivilen Opfer, die weitreichende Zerstörung ziviler Infrastruktur und die humanitäre Katastrophe, die nach dem 7. Oktober eingetreten seien, würden bedeuten, dass der Angriff auf Israel in direktem Widerspruch zu islamischen Prinzipien stünde. Die Hamas sei gescheitert Kämpfer von den Häusern palästinensischer Zivilisten fernzuhalten und Sicherheit als auch Grundbedürfnisse zu gewährleisten. Der Professor habe seine Meinung mit Koranversen belegt, eingeschlossen die Notwendigkeit Aktionen zu vermeiden, die eine exzessive Antwort des Gegners provozieren. Nichtkombattanten müssten geschützt werden. Menschliches Leben sei für Gott wertvoller als Mekka.
Das ist eine sehr deutliche Kritik an der Hamas, die zudem noch einige interessante Aspekte enthält. In der Tat wird im islamischen Recht diskutiert unter welchen Umständen es sinnvoll ist einen Dschihad zu führen, gerade auch unter Einbezug der Kräfteverhältnisse. Insofern ist die Überlegenheit des israelischen Militärs gegenüber der Hamas extrem offensichtlich. Auch dass auf die am 7. Oktober begangenen Gräueltaten eine exzessive Antwort des israelischen Staates erfolgen würde, war leicht für die Führung der Hamas vorherzusehen. Daraus lässt sich allerdings auch schließen, dass der Professor einen offensiven Dschihad nicht grundsätzlich ablehnt. Nach der mittlerweile herrschenden Meinung unter islamischen Juristen ist allerdings nur noch ein defensiver Dschihad erlaubt, also im Verteidigungsfall. Der offensive Dschihad wird allerdings noch von Islamisten erlaubt bzw. gefordert. Laut den Pressemeldungen soll der Professor Salafist in dem Sinne sein, dass er streng dem Beispiel Muhammads folgt. Dementsprechend soll er auch ein klassisches Khalifat befürworten und gegen moderne (islamische) Parteien sein, einschließlich des IS. Nach klassischem islamischen Recht ist es der Khalif, der den Dschihad ausruft. Zwar wird unter modernen islamischen Juristen diskutiert diese Befugnis auf die Präsidenten moderner islamischer Staaten zu übertragen, allerdings läge es aufgrund der sehr klassischen Orientierung des Professors nahe, dass er fordert, dass ein Khalif den Dschihad ausruft. Die Hamas wäre dann dazu formal schon gar nicht befugt. Ob die angeblich sechsseitige Fatwa Ausführungen zu diesem Punkt enthält, ist den Pressemeldungen leider nicht zu entnehmen. Schließlich ist noch interessant, dass er in Übereinstimmung mit dem klassischen islamischen Recht den Schutz von Nichtkombattanten fordert, und zwar ebenfalls damit übereinstimmend ohne Unterschied auch die Gegner betreffend.
Insgesamt lässt sich also feststellen, dass der Professor den Angriff nicht wirklich grundlegend verurteilt. Unter gänzlich anderen Umständen, also erheblich größerer Stärke der Hamas, gegebenenfalls einer Ausrufung des Dschihads durch einen Khalifen und einer Durchführung unter Einhaltung der Regeln des islamischen Kriegsrechts (z. B. Schutz von Nichtkombattanten) hätte er den Angriff wohl erlaubt.
Schlagworte: Hamas, Israel, Gaza, Angriff, Dschihad, offensiv, defensiv, Khalif, Leben, Sicherheit, Grundbedürfnisse, Nichtkombattanten