Die aktuelle Fatwa: November 2025
29.11.2025
Islam - Q & A: Is it obligatory to leave a conference or meeting in order to attend prayer in congregation in the mosque?
In dieser Fatwa geht es darum, ob Konferenzen unterbrochen werden müssen, um zum Gebet in die Moschee zu gehen. Auch wenn es nicht erwähnt wird, handelt es sich hier wohl um das Freitagsgebet. Der wahhabitische Mufti meint, dass das Gemeinschaftsgebet eine Individualpflicht für erwachsene Männer sei. Die Mehrheit der islamischen Gelehrten sei der Meinung, dass das Gemeinschaftsgebet in der Moschee Tradition (Sunna) sei. Die Obliegenheit sei aber auch durch ein Gemeinschaftsgebet an einem anderen Ort erfüllt, wozu der Mufti den Namensgeber der schafiitischen Rechtsschule zitiert. Der Mufti zitiert einige weitere Gelehrte zu der Frage, ob das Gebet in der Moschee Pflicht sei. Daraus ergeben sich Aspekte wie, wenn die Moschee nah sei, sei es Pflicht, oder dass der Ort für die Abhaltung des Gemeinschaftsgebets bekannt sein müsse, wie der Marktplatz.
Sodann zählt der Mufti allerdings zahlreiche Gründe auf, die es nach den Gelehrten erlaubt machen würden, nicht am Gemeinschaftsgebet teilzunehmen. Das fängt mit Naturgefahren an und geht bis zum eigenen unangenehmen Geruch, weil man Knoblauch oder Zwiebeln gegessen habe. Er fährt fort mit dem Zitat eines weiteren schafiitischen Gelehrten, nach dem die Gründe unbegrenzt seien. Alles, was es zu hart machen würde, sei eine wirksame Entschuldigung. Entsprechend meint der Mufti, dass, wenn dadurch ein unerwünschtes vorzeitiges Ende der Konferenz herbeigeführt werde oder der Ablauf gestört werde, es eine wirksame Entschuldigung sei.
Sodann führt er ein Beispiel des Namensgebers der hanbalitischen Rechtsschule dafür an, dass man auch an anderen Orten als einer Moschee ein Gemeinschaftsgebet durchführen kann. Das ergänzt er durch ein Zitat eines wahhabitischen Gelehrten aus dem 20. Jahrhundert, das anscheinend sehr praktische Wahrnehmungen schildert. Wenn Mitarbeitende in Behörden nämlich zum Gebet in die Moschee gingen, könne es sein, dass sie nicht wieder in die Dienststelle zurückkehrten. Insbesondere im Kundendienst sei also ein Gemeinschaftsgebet außerhalb der Moschee erlaubt.
Der die Fatwa erteilende Mufti fügt schließlich noch an, dass man Konferenzen so planen solle, dass sie nicht mit Gebeten in Konflikt gerieten.
Schlagworte: Gemeinschaftsgebet, Moschee, Individualpflicht, Tradition, Entschuldigungsgründe, Schafiiten, Hanbaliten, Wahhabiten
16.11.2025
Darul Ifta Birmingham: Ruling On Opting For An Expensive Islamic Mortgage Over A Cheaper Conventional One
In dieser Fatwa geht es um die Finanzierung einer Immobilie bzw. um deren Fortsetzung, denn sie wurde bisher schon konventionell finanziert. Im Moment sind noch 125.000 britische Pfund offen. Dabei würde die Refinanzierung nach islamischen Grundsätzen 40.000 britische Pfund mehr kosten als die konventionelle Refinanzierung.
Der Mufti, der der strengen hanafitischen Richtung der Deobandis angehört, meint, dass die islamische Finanzierung im Hinblick auf das Jenseits sicherer sei, auch wenn sie nicht ideal und teurer sei, wozu er aus dem Koran zitiert (Sure 2, 278f.). Der Mufti meint, dass Zinsen verboten seien. Danach beschreibt er kurz zinsfreie islamische Finanzierungsmöglichkeiten. Wenn die islamische Finanzierung zu teuer sei, solle man einen lokalen Mufti kontaktieren und nach anderen islamischen Banken suchen. Es sei falsch, das eigene Verständnis anzuwenden und sich gegen die Gebote Gottes zu wenden. Es sei unerlaubt, konventionelle Darlehen zu nehmen.
Den arabischen Begriff Riba kann man nicht nur als Zins- sondern auch als Wucherverbot verstehen, was bedeutet, dass sich der Mufti der strengeren Meinung anschließt. Der genannte Aufpreis in Höhe von 40.000 Pfund entspricht immerhin 32 Prozent des noch offenen Darlehensbetrages. Das ist ziemlich viel. Was in der Frage leider nicht mitgeteilt wird, ist die Summe der Zinsen, die bei der konventionellen Refinanzierung anfallen. Immerhin rät der Mufti noch, nach günstigeren islamischen Finanzierungen zu suchen.
Schlagworte: Islamic Finance, Darlehen, Zinsen, Mehrkosten, Deobandis
08.11.2025
Islamweb: He Conditioned a Divorce on an Accusation Which his Wife Denied
Ein Ehemann lebte in Saudi-Arabien und seine Ehefrau in Pakistan. Als sie ihn besuchte, fand er Chats, die beweisen würden, dass sie Unzucht (Zina) begangen habe. Daraufhin habe er sie schwören lassen, dass sie keine Unzucht begangen habe. Er habe gesagt, dass sie geschieden sei, wenn sie Unzucht begangen habe. Sie hätten weiterhin zusammengelebt und zwei Kinder bekommen. Jetzt sei der Ehemann überzeugt, dass sie schon Unzucht begangen hatte.
Der streng sunnitische Mufti meint, dass das Grundprinzip sei, dass ein Ehemann gut von seiner Ehefrau denken solle. Der Koran würde Misstrauen und Verdächtigungen verbieten (Sure 49, 12). Solch eine Anschuldigung könne zu Qadhf (falsche Anschuldigung wegen Unzucht) führen, was zu den großen Sünden zähle. Der Mufti vermeidet hier die strafrechtlichen Aspekte zu nennen. Denn Qadhf ist nach islamischer Lehre nicht nur eine Sünde, sondern ein Straftatbestand. Wenn der Ehemann also keine vier (Augen-)Zeugen für die Unzucht seiner Ehefrau beibringt, kann er selbst eine Leibesstrafe verwirken. Es ist sehr zweifelhaft, ob die angegebenen Chatprotokolle den Beweisanforderungen des islamischen Strafrechts formell und inhaltlich genügen würden. Der Straftatbestand des Qadhf und die Beweisanforderungen sollen dem Zweck dienen, dass es zu keinen falschen Verurteilungen wegen Unzucht kommt. Denn bei der strafrechtlichen Verwirklichung des Tatbestandes der Unzucht ist nach islamischem Recht sogar die Todesstrafe möglich.
Den Mufti kümmert die strafrechtliche Seite anscheinend nicht, wenn er sogar ausführt, dass, selbst wenn es bewiesen sei, dass die Ehefrau in der Vergangenheit Unzucht begangen habe, es nicht zwingend bedeute, dass sie sie wieder begehe. Der Mufti fügt noch nicht einmal die häufig in solchen Zusammenhängen gebrauchte Wendung an, dass der Mensch nicht enthüllen soll, was Gott verborgen habe. Insofern bleibt die Argumentation hier etwas dünn. Das ändert sich aber sogleich.
Wenn der Ehemann die von ihm einseitig erklärte Scheidung (Talaq) von etwas abhängig mache, was nur die Ehefrau wisse, dann sei ihre Aussage zu akzeptieren. Wenn sie also sage, dass die Bedingung nicht erfüllt sei, trete keine Scheidung ein. Manche Gelehrte würden aber meinen, wenn der Ehemann die Scheidung von einer Information von ihr abhängig mache und er nicht überprüfen könne, ob sie die Wahrheit gesagt habe, dann sei ihre Scheidung religiös wirksam. Die Ehefrau sei Gott dafür verantwortlich. Diese Stelle ist schwer verständlich. Es kann sein, dass gemeint ist, dass die Scheidung nur für die Ehefrau wirksam ist, da nur sie die sichere Information besitzt. Es war nämlich nur von ihrer Scheidung die Rede. Der Ehemann wäre dann noch wirksam verheiratet. Die rechtlichen und religiösen Folgen der Scheidungserklärung fallen also für Ehemann und Ehefrau auseinander. Womöglich um solche Unklarheiten zu vermeiden, betont der Mufti nochmal, dass er sich der überwiegenden Meinung anschließt, die die Ehe für fortbestehend hält. Sicherheit würde nicht durch Zweifel unwirksam gemacht. Zum Abschluss erwähnt der Mufti noch, dass es das Recht der Ehefrau sei, dass ihr Ehemann nicht länger als sechs Monate ohne guten Grund abwesend sei.
Auch die Meinung, der sich der Mufti anschließt, hat Folgen, nämlich dass die Entscheidung über die Scheidung zur Ehefrau verschoben wird. Das ist allerdings tatbestandlich schon im Aussprechen einer Scheidung mit einer solchen Bedingung angelegt. Die Machtverschiebung mag in diesem Fall nicht so stark sein, da die Ehefrau mit Eintritt der Bedingung strafrechtliche Konsequenzen zu befürchten hätte. Es sind allerdings andere Bedingungen vorstellbar.
Schlagworte: Familienrecht, Strafrecht, Unzucht, Verleumdung wegen Unzucht, Scheidung, Bedingung, Kenntnis